„Wichtige Weichenstellungen für eine moderne Rechtspolitik“
Niedersachsen blickt zurück auf eine erfolgreiche Frühjahrs-JuMiKo 2025
Rechtspolitik im Antlitz der sächsischen Schweiz: Im malerischen Bad Schandau kamen gestern und heute die Landes-Justizministerinnen und -Justizminister zu ihrer jährlichen Frühjahrs-JuMiKo zusammen. Auch die neue Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz, Dr. Stefanie Hubig, nahm erstmals an der Konferenz teil.
Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann, die den Vorsitz der Konferenz im vergangenen Jahr innehatte, konnte einmal mehr wichtige rechtspolitische Impulse auf Bundesebene setzen: Niedersächsische Initiativen u. a. zur Ergänzung des Mordparagrafen zur Erfassung von trennungs- und geschlechtsspezifisch motivierten Tötungen, zur Schließung von Strafbarkeitslücken bei bildbasierter sexualisierter Gewalt, zum strafrechtlichen Schutz von medizinischem Personal und zu sog. No-Show-Klauseln fanden jeweils eine breite Mehrheit unter den Ländern.
Trennungs- und geschlechtsspezifisch motivierte Tötungen – Ergänzung des Tatbestandes des § 211 Abs. 2 StGB um ein weiteres Mordmerkmal
Echter Durchbruch: Auf Initiative Niedersachsens fordern die Justizministerinnen und ‑minister der Länder den Bund erstmals dazu auf, eine Ergänzung des Mordparagrafen um ein Merkmal zur Erfassung trennungs- und geschlechtsspezifisch motivierter Tötungen zu prüfen. Damit reagieren die Ministerinnen und Minister auf die zunehmende – auch tödliche – Gewalt gegen Frauen und Mädchen und setzen ein klares Signal zur Abschreckung der Täterinnen und Täter.
Ministerin Dr. Wahlmann: „Die Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister hat den Bund einstimmig aufgefordert, trennungs- und geschlechtsspezifisch motivierte Tötungen – kurz: Femizide – künftig als Mord einzustufen. Dieses Abstimmungsergebnis ist ein bahnbrechender Erfolg, der in seiner Tragweite kaum zu überschätzen ist. Der verbesserte Schutz von Frauen und Mädchen vor jeglicher Form von Gewalt ist und bleibt eines meiner zentralen politischen Anliegen. Es ist ein starkes Zeichen, dass die Justizministerinnen und -minister aller Länder einstimmig dahinterstehen. Ich will es nochmals deutlich betonen: Wer eine Frau als sein Eigentum betrachtet und sie tötet, weil sich seinem Willen verweigert, der gehört lebenslang ins Gefängnis. Die Signale aus dem Bundesjustizministerium zu diesem Anliegen stimmen mich optimistisch, dass wir hier schon bald ein gutes Stück vorankommen werden.“
Bildbasierte sexualisierte Gewalt – Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes
Einen großen Erfolg – insbesondere für junge Mädchen und Frauen – feiert Niedersachsen auch mit dem erfolgreichen Antrag zur Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes bei bildbasierter sexualisierter Gewalt. Hierzu zählen beispielsweise „Deepfakes“ – durch KI manipulierte Bilder und Videos – oder das sog. „Doxing“, bei dem die Täter kompromittierende Bildaufnahmen mit persönlichen Daten, etwa Klarnamen, Adressen oder den Telefonnummern der Betroffenen veröffentlichen. Für die Opfer – meist junge Mädchen und Frauen – haben solche zutiefst verachtenswerten Taten und die damit verbundene persönliche Erniedrigung oft fatale Konsequenzen: von Ängsten und sozialer Isolation bis – im Extremfall – zum Suizid. Die Justizministerinnen und Justizminister sind sich darüber einig, dass der Staat solchen Taten auch mit den Mitteln des Strafrechts zukünftig noch entschlossener entgegentreten muss. Sie fordern den Bund daher dazu auf, in diesem Bereich weiterhin bestehende Strafbarkeitslücken schnellstmöglich zu schließen und mögliche Strafschärfungen auf den Prüfstand zu stellen.
Justizministerin Dr. Wahlmann: „Wem es ernst ist mit dem Schutz vor sexueller Gewalt, der muss dieses Thema in seiner ganzen Dimension erfassen – im häuslichen Umfeld, auf der Straße und auch im Internet: Dort veröffentlichte Fotos und Videos gehen in kürzester Zeit viral und haben gravierende Auswirkungen auf die Betroffenen. Und es bestehen erhebliche Schutzlücken: Wer eine erwachsene Frau in einer Umkleidekabine nackt fotografiert, ist nach derzeitigem Recht nicht strafbar. Das kann nicht richtig sein. Wir haben die Bundesjustizministerin daher aufgefordert, das Strafgesetzbuch entsprechend nachzubessern.
Egal ob Deepfakes, Doxing, heimlich angefertigte Nacktaufnahmen, Rachepornos oder Sextortion – die Verantwortlichen für solche widerlichen Taten – fast immer Männer – nutzen jede noch so kleine Lücke im bestehenden Schild strafrechtlichen Schutzes aus, um ihre perversen Fantasien zu befriedigen und Frauen und Mädchen öffentlich zu erniedrigen. Deshalb haben wir die Pflicht, jede Schutzlücke, die wir erkennen, schnellstmöglich zu schließen. Ich bin froh, dass meine Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Ländern dieses wichtige Anliegen unterstützen.“
Angriffe auf Ärzte und medizinisches Personal – Angemessene Ahndung und Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes
Mit dem erfolgreichen Beschlussvorschlag zum besseren strafrechtlichen Schutz medizinischen Personals setzt die Justizministerkonferenz auf Vorschlag Niedersachsens außerdem ein klares Zeichen gegen Verbalattacken, Bedrohungen und körperliche Übergriffe gegenüber Personen, die im Gesundheitswesen tätig sind – insbesondere Ärztinnen und Ärzten, Krankenpflegerinnen und Krankenpflegern sowie Personal in Arztpraxen und anderen medizinischen Einrichtungen. Die Länder bitten den Bund hier, eine Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes von diesen im Gesundheitswesen tätigen Personen eingehend zu prüfen.
Justizministerin Dr. Wahlmann: „Wer sich wie Ärztinnen, Ärzte und anderes medizinisches Personal tagtäglich an vorderster Front für unser aller Wohl einsetzt, der verdient den besonderen Schutz unseres Gemeinwesens. Ich bin daher keineswegs bereit, ausufernder – verbaler wie körperlicher – Gewalt in Arztpraxen und Kliniken tatenlos zuzusehen. Die Hand, die einem hilft, schlägt man nicht. Deshalb ist es ein wichtiges Signal, dass die Justizministerkonferenz den Bund auf unsere Initiative hin nun mit starker Stimme aufgefordert hat, Strafschärfungen in diesem Bereich intensiv zu prüfen und schnellstmöglich zu einem besseren Schutz unseres medizinischen Personals zu kommen.“
Gesetzliche Regelung zu No-Show-Klauseln/Terminausfallpauschalen
Auch die niedersächsische Initiative für klare gesetzliche Regelungen für sog. No-Show-Klauseln hat bei der Justizministerkonferenz große Zustimmung erfahren. Bei Gebühren, die etwa Arztpraxen, Friseursalons oder Restaurants gegenüber Verbraucherinnen und Verbrauchern für versäumte Termine erheben, herrscht bislang große Rechtsunsicherheit – und zwar für beide Seiten. Hier soll der Bund nach dem Willen der Länderministerinnen und ‑minister in Zukunft Abhilfe schaffen.
Justizministerin Dr. Wahlmann: „Ich freue mich sehr, dass ich meine Kolleginnen und Kollegen von der Notwendigkeit klarer gesetzlicher Regelungen für No-Show-Klauseln überzeugen konnte. Wir stärken damit nicht nur die Rechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern, sondern schaffen auch verlässliche Rahmenbedingungen für Unternehmerinnen und Unternehmer. Rechtsklarheit ist hier das Gebot der Stunde.“
Abschließend dankt Dr. Wahlmann dem Gastgeberland Sachsen und der aktuellen JuMiKo-Vorsitzenden Prof. Constanze Geiert für die gelungene Organisation und die sächsische Gastfreundschaft: „Aus eigener Erfahrung aus dem letzten Jahr weiß ich nur allzu gut, mit welchem Aufwand die Organisation einer solchen Konferenz verbunden ist. Sachsen hat hier wirklich hervorragende Arbeit geleistet. Wir haben uns in Bad Schandau und in der Region „Sächsische Schweiz“ sehr wohlgefühlt. Diese Frühjahrs-JuMiKo hat erneut wichtige Weichenstellungen für eine moderne Justizpolitik hervorgebracht.“
Artikel-Informationen
erstellt am:
06.06.2025
Ansprechpartner/in:
Herr Dr. Marcel Holthusen
Nds. Justizministerium
Pressesprecher
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Tel: 05111205043