Rede der Niedersächsischen Justizministerin Dr. Wahlmann zu Top 33 „Einbringung des Einzelplans 11 (Justiz) des Haushaltsplanentwurfs 2026“
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 17. Dezember 2025
„Sehr geehrte Frau Präsidentin,
meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete,
ganz herzlichen Dank zunächst an die Mitglieder der beteiligten Ausschüsse für die guten Haushaltsberatungen – und ebenso großen Dank auch an die Mitarbeitenden meines Hauses, die diesen überzeugenden Haushaltsplanentwurf erstellt und auch bei angespannter Haushaltslage gute Lösungen gefunden haben.
Vor allem aber möchte ich meinen Dank an die Kolleginnen und Kollegen in der Justiz richten, die im Jahr 2025 erneut unter Beweis gestellt haben, dass sich dieses Land auf seine Justiz verlassen kann.
Sie alle leisten einen unverzichtbaren Beitrag für die Gerechtigkeit in unserem Land, für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Staat, für die Sicherheit und für ein friedliches Zusammenleben der Menschen in unserem Land.
Unsere Aufgabe als Land Niedersachsen ist es, die Justiz dafür auch im kommenden Jahr bestmöglich auszustatten – und dafür setzen wir mit diesem Haushaltsplanentwurf die richtigen Schwerpunkte.
Denn anders als in anderen Bundesländern sparen wir nicht bei der Justiz, sondern wir stärken sie – wie auch in den vergangenen Jahren – ganz massiv und wir schaffen damit die Grundlagen für Recht und Ordnung, für Innovation und Gerechtigkeit.
Neben vielen anderen wichtigen Punkten liegen die Schwerpunkte für den Haushalt des Jahres 2026 auf der Stärkung der Strafjustiz und der Verwaltungsgerichte, der Personalgewinnung und Personalentwicklung, insbesondere bei den Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern und bei den Bediensteten im Vollzug und auf der weiteren Digitalisierung unserer Justiz.
Frau Präsidentin,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
lassen Sie mich mit der Strafjustiz beginnen.
Die Strafjustiz ist seit vielen Jahren stark belastet – durch eine Vielzahl von Verfahren, durch eine zunehmende Komplexität der Verfahren, durch eine zunehmende Länge der Verfahren.
Trotz dieser hohen Belastung leisten sowohl die Kolleginnen und Kollegen an den Staatsanwaltschaften als auch diejenigen an den Gerichten unter teilweise überobligatorischem Einsatz eine hervorragende juristische Arbeit in angemessener Zeit.
Um die Strafjustiz zu entlasten – und dabei vor allem die besonders belasteten Staatsanwaltschaften –, haben wir schon in den letzten zwei Jahren massiv für Verstärkung gesorgt und allein im letzten Jahr 55 neue Stellen allein bei den Staatsanwaltschaften geschaffen.
Schon dadurch – aber umso mehr mit der großen Solidaritätsaktion innerhalb der niedersächsischen Justiz – haben wir die Staatsanwaltschaften in einem Ausmaß verstärkt, das das Land Niedersachsen seit Jahrzehnten nicht gesehen hat.
Hieran knüpfen wir auch im Jahr 2026 an und schaffen weitere 40 neue Stellen an den Staatsanwaltschaften – davon 17 im staatsanwaltschaftlichen Bereich, fünf Stellen für die Amtsanwaltschaft und 17 im Bereich der Serviceeinheiten und eine Stelle im Rechtspflegerdienst. Zusätzlich verlängern wir 10 Stellenhülsen zur Fortführung unserer Solidaritätsaktion.
Aber auch an den Gerichten der ordentlichen Gerichtsbarkeit haben wir 18 zusätzliche Stellen geschaffen und sowohl dort als auch bei den Staatsanwaltschaften weitere 42,5 befristete Stellen verlängert.
Darüber hinaus sagen wir ab dem Jahr 2026 der Kriminalität im Internet ganz klar den Kampf an:
Ab Mitte des Jahres 2026 starten wir mit unserer neuen, großen, landesweiten Zentralstelle zur Bekämpfung von Cybercrime.
Ob Anlagebetrug, Drogenhandel, Fake Shops oder Phishing – Straftaten im Internet nehmen extrem zu und werden oft von international agierenden Tätergruppierungen aus dem Ausland begangen.
Unsere bisherigen Schwerpunktstaatsanwaltschaften Cybercrime haben in diesen Feldern gute Arbeit geleistet – aber jetzt wird es Zeit, dass wir die nächste Stufe zünden und unsere Kräfte nicht nur bündeln, sondern auch deutlich verstärken.
Die neue Zentralstelle bei der Generalstaatsanwaltschaft Oldenburg mit Sitz in Osnabrück wird sofort und von Beginn an mit 26,5 Arbeitskraftanteilen sowie massiver Unterstützung der IT-Struktur an den Start gehen.
15 dieser Stellen werden wir – wenn Sie dem zustimmen – mit diesem Haushalt neu schaffen.
Und das ist erst der Anfang – in den kommenden Jahren soll die Zentralstelle Cybercrime auf rund 50 Personen anwachsen und wird damit ganz neue, in Niedersachsen bislang noch nie dagewesene Ermittlungsmöglichkeiten haben.
Damit schaffen wir eine wirklich schlagkräftige Einheit im Kampf gegen Kriminalität im Internet – und damit schaffen wir auch ganz praktisch mehr Sicherheit für unsere Bürgerinnen und Bürger.
Frau Präsidentin,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
einen weiteren Schwerpunkt setzen wir auf die Verstärkung der Verwaltungsgerichte – und zwar sowohl zur schnelleren Bearbeitung der Asylverfahren als auch anderer verwaltungsgerichtlicher Verfahren.
Als Justizministerium haben wir bereits auf die steigenden Verfahrenszahlen reagiert und strukturelle Maßnahmen getroffen; so haben wir etwa die Asylverfahren mit hohen Fallzahlen und geringer Anerkennungsquote an bestimmten Verwaltungsgerichten konzentriert.
Dadurch ist die Verfahrenslaufzeit in Hauptsacheverfahren nahezu halbiert worden.
Darüber hinaus haben wir unser Oberverwaltungsgericht schon im laufenden Jahr in die Lage versetzt, 31 neue Richterinnen und Richter einzustellen.
Diese Ressourcen werden uns auch zukünftig erhalten bleiben. Mit dem Haushalt 2026 werden wir insgesamt 40 Stellen und Beschäftigungsmöglichkeiten entfristen – darunter 30 Stellen für Richterinnen und Richter.
Zusätzlich werden wir neue Stellen schaffen und die Verwaltungsgerichte mit 8 Richterstellen und 10 Vollzeiteinheiten für Serviceeinheiten weiter stärken.
Zusätzlich ermöglichen wir insgesamt sieben Stellenhebungen von R1 nach R2, damit neue Kammern gebildet werden können.
Im Ergebnis führt das zu einer verlässlichen und kontinuierlichen Personalbewirtschaftung, zu mehr Kapazitäten bei unseren Verwaltungsgerichten, zu schnelleren Entscheidungen und zu einem Abbau des Bestands an Asylverfahren.
Frau Präsidentin,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
als starke Justiz brauchen wir kluge Köpfe, die gerne im Namen der Gerechtigkeit für uns arbeiten.
Deshalb werben wir gemeinsam mit den anderen Bundesländern unter unserer Federführung mit einer Kampagne um starken Nachwuchs. Unseren neuen Kampagnenspot können Sie seit letzter Woche im Kino sehen.
Aber auch bei denjenigen, die schon im Dienste der Justiz arbeiten, gilt es, dafür zu sorgen, dass sie uns erhalten bleiben und mit vollem Herzen für die Justiz, für das Land Niedersachsen, arbeiten.
Im Haushaltsentwurf finden Sie daher Stellenhebungen insbesondere für Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger sowie für die Bediensteten im Justizvollzug.
Nachdem wir uns im Jahr 2025 auf den mittleren Dienst konzentriert und dort insgesamt 229 Beförderungsmöglichkeiten geschaffen haben, ist im Jahr 2026 der gehobene Dienst dran, insbesondere die Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger.
Mit unserem zentralen Stellenhebungskonzept haben wir für diese Gruppe insgesamt 78 Stellenhebungen vorgesehen: 25 Hebungen nach A10, 52 Hebungen nach A11 und eine Hebung nach A12.
So verbessern wir die Beförderungssituation gerade zum Berufsbeginn und in der Phase der Familiengründung.
Hinzu kommen dezentrale Hebungen: Sieben nach A13, sieben nach A12, vier nach A11 und eine nach A10 sowie eine für die Zentralstelle Cybercrime.
Für Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger schaffen wir so insgesamt 98 Hebungen, die zu 139 Beförderungsmöglichkeiten führen.
Der Justizvollzug steht ganz im Zeichen unserer Nachwuchsoffensive:
Für die Fachrichtung Justiz im Justizvollzug schaffen wir 80 zusätzliche Anwärterstellen in der Laufbahngruppe 1, 2. Einstiegsamt – und das ist ein erheblicher personeller Aufwuchs, der in den Justizvollzugsanstalten genau richtig verortet ist.
Künftig stehen uns damit 349 Anwärterstellen zur Verfügung für die mittlere Beschäftigungsebene zur Verfügung.
Hinzu kommen vier neue Stellen für die Ausbildungsleitung am Bildungsinstitut des Niedersächsischen Justizvollzuges.
Und auch im Vollzug realisieren wir Stellenhebungen in großem Umfang. Das betrifft zunächst 22 Stellen für die Werkmeister, die insgesamt 46 Beförderungen ermöglichen.
Dazu kommen 85 Stellenhebungen für den Justizvollzug über die politische Liste, für die ich den Koalitionsfraktionen noch einmal herzlich danken möchte. So werden wir 70 Stellen im ehemals mittleren und 15 Stellen im ehemals gehobenen Dienst heben können.
Insgesamt schaffen wir im Vollzug so 233 Beförderungsmöglichkeiten.
Und das sind noch nicht mal alle Stellenhebungen aus dem Einzelplan. Hinzu kommen weitere unter anderem in der Verwaltung, im Wachtmeister- und Amtsanwaltsdienst.
Alles in allem werden wir im nächsten Haushaltsjahr 265 Stellen heben und damit 425 Beförderungsmöglichkeiten schaffen.
Das ist echte Anerkennung für die Bediensteten bei uns im Geschäftsbereich!
Frau Präsidentin,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
vor genau fünf Tagen – am 12.12.2025, wurde die elektronische Akte im letzten Rechtsgebiet am letzten Gericht in Niedersachsen ausgerollt.
Seit fünf Tagen arbeitet die niedersächsische Justiz damit flächendeckend und in allen Rechtsgebieten digital.
Das ist ein wahrer Meilenstein.
Als ich mein Amt im November 2022 übernommen habe, wurde mir gesagt, dass es – im Übrigen wegen der recht gemächlichen Vorbefassung – unrealistisch wäre, dass wir das gesetzliche Datum des 31.12.2025 würden einhalten könnten.
Aber wir haben es geschafft.
Mit vereinten Kräften, unter großen Anstrengungen und teilweise unter großen Belastungen.
Aber auch mit viel Willen, mit viel Mut und mit viel Elan – sowohl bei unserem justizeigenen IT-Betrieb, dem ZIB, als auch bei den vielen tausend Menschen in der niedersächsischen Justiz.
Ganz herzlichen Dank an alle, die so tatkräftig daran mitgearbeitet haben – ganz herzlichen Dank an das Team Justiz!
Mit der Einführung der eAkte ist die Digitalisierung der Justiz aber noch lange nicht abgeschlossen.
Sie ist erst der Grundstein für weitere digitale Tools, die den Menschen die tagtägliche Arbeit massiv erleichtern werden – insbesondere durch KI-Programme wie unseren Assistenten für Massenverfahren – MAKI –, unseren Erkenntnismittelassistenten – EMIL –, unseren Tatbestandsassistenten für Asylverfahren – TABEA –, unser Anonymisierungstool – ALEKS – oder unser Dokumentenvergleichstool – DOCCO.
Das kommende Jahr wird daher dazu dienen, den Betrieb der eAkte zu stabilisieren, die Programme zu konsolidieren und unsere KI-Projekte so zu finalisieren, dass sie bereit für den flächendeckenden Rollout sind.
Damit bleibt die Digitalisierung eine unserer absoluten Top-Prioritäten.
Hierzu ist es uns gelungen, die Digitalisierungsmittel im Sachhaushalt um sage und schreibe weitere 18,4 Mio. EUR aufzustocken – und auf diesen Verhandlungserfolg bin ich wirklich stolz.
Wir investieren in Rechenzentrumskapazitäten und eine verbesserte Netzabsicherung, um die Performance weiter zu verbessern.
Außerdem werden wir unsere IT-Sicherheit stärken.
Wir machen Tempo beim Ausbau der technischen Sitzungssaalausstattung, auch zugunsten von Videoverhandlungsanlagen.
Und bei alledem werden wir auch das notwendige Personal für einen stabilen Betrieb in den nächsten Jahren zur Verfügung zu stellen.
Damit machen wir die niedersächsische Justiz zukunftsfest und sorgen dafür, dass die Menschen in der Justiz in angemessener Zeit für Rechtssicherheit, für Rechtsfrieden und am Ende auch für Gerechtigkeit sorgen können.
Frau Präsidentin,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
einen Punkt möchte ich noch ansprechen: Die Anlaufstellen der freien Straffälligenhilfe.
Hier ist uns wirklich ein riesengroßer Erfolg gelungen.
Nach über 40 Jahren holen wir die Anlaufstellen endlich aus dem Projektstatus heraus und wir erhöhen und verstetigen die Mittel für diese wichtige gesellschaftliche Arbeit.
Wir schaffen endlich Planungssicherheit für die Menschen, die sich um die Resozialisierung von Straffälligen kümmern und in vielen Fällen auch um eine Vermeidung unnötiger Haftantritte erreichen.
Das hat in den letzten 40 Jahren keine Vorgängerregierung geschafft!
Frau Präsidentin,
meine Damen und Herren,
Sie sehen: Der Justizhaushalt 2026 bringt einen echten Fortschritt.
Er stärkt die Staatsanwaltschaften, die Gerichte, den Vollzug, die freie Straffälligenhilfe und im Übrigen auch den AJSD.
Er setzt Zeichen der Anerkennung und leistet einen Beitrag zu attraktiven Arbeitsbedingungen.
Er ermöglicht die weitere Digitalisierung und den Einsatz von KI in allen Bereichen unserer Justiz.
Wir schaffen damit die Basis für Recht und Ordnung, für Demokratie und für Gerechtigkeit.
Darum bitte ich um Zustimmung.
Vielen Dank!“
Artikel-Informationen
erstellt am:
17.12.2025
Ansprechpartner/in:
Frau Verena Brinkmann
Nds. Justizministerium
Pressesprecherin
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Tel: 0511 / 120 5044

