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Rede der Niedersächsischen Justizministerin Barbara Havliza zu „Entwurf zur Bestellung einer oder eines Beauftragten gegen Antisemitismus“ - Antrag der Fraktion der AfD

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 30. Juni 2020, TOP 7


Es gilt das gesprochene Wort!

„Antisemitismus muss in all seinen Ausprägungen und Formen immer und überall bekämpft werden. Es braucht dafür ein mutiges Eintreten durch Staat und Gesellschaft gegen Vorurteile, gegen verbale Ausschreitungen und gegen tätliche Angriffe auf jüdische Bürgerinnen und Bürger. Das jüdische Kulturleben und das religiöse Judentum in seinen vielfältigen Strömungen bereichern unser Land. Sie gehören zu unserer Geschichte.

Doch mehr als das. Wir können glücklich sein, dass trotz der Schreckensherrschaft des Nationalsozialismus ein vitales und wachsendes Judentum Teil unserer Gegenwart ist. Seine Zukunft zu sichern ist ein Kernanliegen dieser Landesregierung.

Die Landesregierung hat deshalb auf die Zunahme von antisemitischen Vorfällen mit der Einrichtung der Stelle eines Landesbeauftragten gegen Antisemitismus und für den Schutz jüdischen Lebens bereits im vergangenen Jahr reagiert. Die vorbereitenden Gespräche datieren noch vor den Anschlag auf die Synagoge in Halle (09.10.2019) zurück. Dieses Verbrechen und auch die Mordtaten im hessischen Hanau (19.02.20) haben die Wichtigkeit einer solchen Einrichtung auf tragische Weise untermauert.

Es freut mich, dass das Land Niedersachsen zum 1. November 2019 einen Landesbeauftragten gegen Antisemitismus und für den Schutz jüdischen Lebens berufen hat. Mit Dr. Franz Rainer Enste ist die Position mit einem Mann besetzt, der unser Bundesland in jedem Winkel kennt und der das jüdische Leben seit Jahren aktiv unterstützt und begleitet. Vor allem besitzt Dr. Enste hohe Reputation bei den Menschen jüdischen Glaubens und in den jüdischen Gemeinschaften. Breite gesellschaftliche Akzeptanz, ein hohes Ansehen der Person sowie persönliche und sachliche Unabhängigkeit sind für diese wichtige Aufgabe unabdingbar.

Als Anlaufstelle für Anliegen aus der Bürgergesellschaft, aus den Religionsgemeinschaften, aus Politik und Verwaltung füllt der Landesbeauftragte das Wächteramt aus, das es braucht, um auf das Thema Antisemitismus hinzuweisen.

Seine Geschäftsstelle hat ihren Sitz im Niedersächsischen Justizministerium. Diese organisatorische Anbindung macht Sinn, denn hier wird durch den Landespräventionsrat das fachliche Know-How der Extremismusprävention gebündelt.

Die Stimme des Landesbeauftragten ist die eines Warnenden und Mahnenden. Aber nicht nur das: Er berät Politik und Verwaltung, Vereine, Verbände und Öffentlichkeit, wie antisemitischen Tendenzen vorgebeugt werden kann. Er wirkt in politische und gesellschaftliche Prozesse hinein. Das reicht - im Kleinen - vom Rat zur Frage eines Schülers, wie an der Schule das Thema Antisemitismus bearbeitet werden könne, bis - im Großen - zur Beratung und Unterstützung von Politik und Verbänden.

Der Landesbeauftragte hat seit dem Herbst engen Kontakt zu den beiden jüdischen Landesverbänden aufgebaut und bereits zahlreiche Gespräche mit Vertretern der Zivilgesellschaft und der Sicherheitsbehörden geführt. Bedauerlich ist, dass sein ambitionierter Fahrplan zum Besuch der jüdischen Gemeinden im Land seit März Coronabedingt unterbrochen werden musste. Der Landesbeauftragte hat sich zum Ziel gesetzt, eine „Bestandsaufnahme“ zu erstellen, was das Land Niedersachsen und was die einzelnen Ressorts der Landesregierung im Kampf gegen den Antisemitismus bereits geleistet haben. Er erwartet hier zu Recht die volle Unterstützung von Politik und Verwaltung.

Doch sein Auftrag des Landesbeauftragten ist nicht begrenzt auf ein Eintreten GEGEN Antisemitismus, wie es die Überschrift des vorliegenden AfD-Antrags formuliert. Er bezieht gleichrangig den Schutz FÜR jüdisches Leben ein, für ein selbstbewusstes, zukunftsträchtiges und vielseitiges niedersächsisches Judentum.

Ein besonderer Höhepunkt liegt in wenigen Monaten vor uns: Das Jahr 2021 wird das Festjahr zur Feier von 1700 Jahren jüdischem Leben in Deutschland sein. Ein Jubiläumsjahr, das in kleinen und großen Projekten auch in Niedersachsen gebührend gefeiert werden soll und gefeiert werden wird.

Die Niedersächsische Landesregierung hat mit der Einrichtung eines Landesbeauftragten gegen Antisemitismus und für den Schutz jüdischen Lebens ein klares Signal gesetzt. Zudem fördern wir über den Landespräventionsrat gezielt Projekte der Antisemitismusprävention. Auf diesem Weg werden wir beharrlich voranschreiten. Der Gesetzesentwurf der AfD-Fraktion dürfte sich damit erübrigt haben.

Mir bleibt an dieser Stelle der herzliche Dank der Landesregierung an Herrn Dr. Enste, dass er sich dieser in jeder Hinsicht herausfordernden Aufgabe im Ehrenamt angenommen hat.“


Justizministerin Barbara Havliza hält eine Rede im Niedersächsischen Landtag   Bildrechte: Swen Pförtner / MJ

Artikel-Informationen

erstellt am:
30.06.2020

Ansprechpartner/in:
Herr Christian Lauenstein

Nds. Justizministerium
Pressesprecher
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Tel: 0511 / 120-5044

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