Qualifizierungsoffensive zu bildbasierter sexualisierter Gewalt
Das Niedersächsische Justizministerium hat in Kooperation mit der bundesweiten digitalen Betroffenenberatung HateAid eine landesweite Qualifizierungsoffensive zum Thema bildbasierte sexualisierte Gewalt gestartet.
Insgesamt 220 Fachkräfte aus Justiz, Polizei, Opferhilfe und Beratungsstellen werden in mehreren Veranstaltungen dabei geschult, um Opfer von bildbasierter sexualisierter Gewalt besser zu schützen und zu ihrem Recht zu verhelfen.
Die Resonanz auf die Weiterbildung ist groß, denn die Entwicklung digitaler Gewaltphänomene ist beunruhigend. Im Bundeslagebild „Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten 2023“ heißt es, dass sich die Zahlen der Betroffenen im Bereich der digitalen Gewalt im Vergleich zum Vorjahr um 25 % erhöht haben und im Fünf-Jahres-Vergleich sogar mehr als verdoppelt haben.
Bildbasierte sexualisierte Gewalt bedeutet, dass Bild- oder Videomaterial, das Personen von sich auf Social-Media-Kanälen oder im Internet veröffentlich haben, gestohlen und ohne deren Einwilligung verändert und verbreitet wird. Die Täter erstellen mit diesen Bildern und Videos – oft unterstützt durch KI - Nacktfotos oder Pornovideos, sogenannte Deepfakes oder Deepnudes. Die gefälschten Bilder werden im Netz und auf Social-Media-Kanälen weiterverbreitet, um die Opfer zu erniedrigen, zu erpressen und zu bedrohen.
Betroffen von dieser Form digitaler Gewalt sind überwiegend Frauen und Mädchen. Fast die Hälfte der befragten jungen Frauen (42 %) in der Studie „Lauter Hass, leiser Rückzug“ von HateAid erhielt bereits ungefragt ein Nacktfoto. Die Folgen für die Opfer gehen weit über materielle Schädigungen hinaus: „Wenn die Bilder erst einmal im Netz sind, haben die Betroffenen keine Kontrolle mehr über sie“, erklärt Anna Lena von Hodenberg, Geschäftsführerin von HateAid. „Es ist unklar, wer die Bilder schon gesehen hat und wo sie als nächstes landen. Die Folge sind Angst, Rückzug und Scham“. Seelische Belastungen können sich zu Erkrankungen entwickeln und im äußersten Fall sogar im Suizid enden.
Das Niedersächsische Justizministerium will dieses Phänomen nicht länger hinnehmen. Staatssekretär im Justizministerium Dr. Thomas Smollich, der die zentrale Veranstaltung am 24.09.2025 in Hannover gemeinsam mit Anna-Lena von Hodenberg eröffnen wird, stellt unmissverständlich klar: „Wir müssen den Schutz für die Betroffenen von bildbasierter sexualisierter Gewalt deutlich verbessern. Wir müssen ihnen professionelle rechtliche und psychologische Unterstützung bieten und gleichzeitig alle strafrechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um diese Auswüchse digitaler Gewalt konsequent zu ahnden.“
Mit der Stiftung Opferhilfe und ihren landesweit 11 Opferhilfebüros hat Niedersachsen bereits eine gute dezentrale Beratungsstruktur für Betroffene, die im Bereich der digitalen Gewalt eine wichtige Rolle spielen soll. Dafür ist eine enge Zusammenarbeit mit anderen Beratungsstellen und Sicherheitsbehörden wie Polizei und Staatsanwaltschaft und anderen Meldestellen erforderlich.
Darüber hinaus haben sich auf Initiative Niedersachsens die Justizministerinnen und -minister der Länder auf ihrer Junikonferenz 2025 mit bildbasierter sexualisierter Gewalt intensiv befasst. Sie haben dort den Beschluss gefasst, „die Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz zu bitten, sich der Thematik anzunehmen und adäquate Regelungen zur Schließung der Strafbarkeitslücken … vorzuschlagen“.
Hintergrund:
Der Landtag hat in seiner 60. Sitzung am 26.02.2025 einen Beschluss zum Thema „Unterstützung für Opfer bildbasierter sexualisierter Gewalt verbessern - Strafbarkeit von bildbasierter sexualisierter Gewalt erweitern“ (Drs. (19/6633) gefasst und die Landesregierung darin gebeten:
a) eine zentrale Informations- und Koordinationsstelle für Opfer bildbasierter sexualisierter Gewalt zu schaffen,
b) die bestehende Rechtslage auf eine Strafbarkeitslücke zu prüfen und gegebenenfalls eine Bundesratsinitiative zu erarbeiten, die eine konsistente Regelung bildbasierter sexualisierter Gewalt im Bereich des Sexualstrafrechts vorsieht.
Artikel-Informationen
erstellt am:
25.09.2025
Ansprechpartner/in:
Pressestelle
Nds. Justizministerium
Am Waterlooplatz 1
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