Justizministerkonferenz am 5. und 6. Juni 2025 in Bad Schandau
Niedersachsens Themen für die Frühjahrskonferenz
Nachdem die Justizministerkonferenz – kurz JuMiKo – im vergangen Jahr in der Landeshauptstadt Hannover stattgefunden hat, geht es nun weiter: Dieses Mal in Sachsen. Unter dem Vorsitz der Sächsischen Staatsministerin Prof. Dr. Constanze Geiert findet die 96. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister am 5. und 6. Juni in Bad Schandau statt. Neben den Justizministerinnen und Justizministern der 16 Bundesländer wird sich auch die neue Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz, Dr. Stefanie Hubig, auf den Weg in die sächsische Kleinstadt machen, um gemeinsam mit ihren Länderkolleginnen und Länderkollegen wichtige justizpolitische Themen zu besprechen.
Auf der Agenda stehen auch dieses Jahr zahlreiche Initiativen aus Niedersachsen. Die Vorschläge betreffen dabei u.a. Anpassungen des Strafrechts zum besseren Schutz von Opfern bildbasierter sexueller Gewalt und der konsequenten Ahndung sog. Femizide als Mord. Auch Themen des Verbraucherschutzes stehen auf der Tagesordnung, ebenso Vorschläge zur Vereinfachung des Nachweises der Fachkenntnisse für Gerichtsdolmetscherinnen und Gerichtsdolmetscher. Ein Schwerpunkt wird außerdem die Frage der Ausgestaltung eines neuen Pakts für den Rechtsstaat sein.
Die Niedersächsische Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann freut sich auf das Treffen mit ihren Kolleginnen und Kollegen der übrigen Länder und der neuen Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz: „Die Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister vergangenes Jahr in Hannover war für Niedersachsen als Vorsitzland ein voller Erfolg. Nicht nur, weil wir uns als gute Gastgeber präsentiert haben. Sondern weil wir Justizministerinnen und Justizminister wiedermal gezeigt haben, dass wir als Justiz an einem Strang ziehen und als dritte Staatsgewalt unserer Verantwortung für den Rechtstaat und die Demokratie gerecht werden. Ich bin mir sicher, dass wir auch in Sachsen an den Erfolg aus dem letzten Jahr anknüpfen werden und gemeinsam wichtige Vorhaben für die Justiz auf den Weg bringen werden.“
Im Einzelnen setzt sich Niedersachsen für folgenden Vorhaben ein:
Tötungsdelikte an Frauen – Ergänzung des § 211 Absatz 2 des Strafgesetzbuches um ein weiteres Mordmerkmal
Niedersachsen sieht dringenden Handlungsbedarf, um Frauen und Mädchen besser vor Gewalt zu schützen. Zu diesem Zwecke soll der bisherige § 211 StGB um ein weiteres Mordmerkmal ergänzt werden, um sog. Femizide zu erfassen. „Das gezielte Töten von Frauen Mädchen aufgrund ihres Geschlechts muss endlich als das geahndet werden, was es ist: als Mord. Ein Femizid ist eine besonders verwerfliche Form geschlechtsspezifischer Gewalt und Ausdruck eines zutiefst frauenfeindlichen Weltbildes. Männer, die ihre Partnerin oder Expartnerin als Besitz betrachten und sie im Falle einer Trennung töten – nach dem Motto „Wenn ich sie nicht haben kann, soll sie keiner haben“ – gehören lebenslänglich ins Gefängnis. Nach der derzeitigen Rechtslage kommt es vor, dass das Gericht einen Mord verneint, weil der Täter durch die Trennung in eine emotionale Ausnahmesituation versetzt worden sei. Das verkennt die Verantwortlichkeiten. Unter der Geltung des Grundgesetzes ist kein Mensch der Besitz eines anderen. Wer nicht mit einer Trennung klarkommt, sich ansonsten abgelehnt fühlt oder die Lebensführung einer Frau missbilligt, sollte sich Hilfe holen. Wer die Frau stattdessen aus diesen Gründen tötet – nämlich weil sie ein anderes Leben führen will als der Täter es für sie vorgesehen hat –, steht sittlich auf unterster Stufe. Eine solche Tat muss zukünftig als Mord geahndet werden. Deshalb schlage ich vor, ein weiteres Mordmerkmal in den sogenannten Mordparagraphen des Strafgesetzbuches einzuführen, der solche Femizide erfasst“, so fasst Dr. Wahlmann ihren Vorstoß zusammen.
Bildbasierte sexualisierte Gewalt – Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes
Bildbasierte sexualisierte Gewalt ist ein zunehmend relevantes Phänomen, das in den letzten Jahren durch die voranschreitende Digitalisierung erheblich an Bedeutung zugenommen hat. In einer Welt, in der der Austausch von Bildern und Videos über soziale Medien und private Netzwerke in Sekundenschnelle erfolgen kann, entstehen neue und massive Formen digitaler Gewalt. Zwar ist die die Anwendung von bildbasierter sexualisierter Gewalt bereits heute in vielen Fällen strafbar, der Schutz ist jedoch lückenhaft.
Dr. Wahlmann: „Bildbasierte sexuelle Gewalt ist im Netz heute fast allgegenwärtig: Ob Deepfakes, Doxing, heimlich angefertigte Nacktaufnahmen, Rachepornos oder Sextortion – für die Opfer – meist junge Mädchen und Frauen – haben solche zutiefst verachtenswerten Taten oft fatale Konsequenzen. In den sozialen Netzwerken gehen derartige Bilder und Videos in vielen Fällen binnen kürzester Zeit viral – und einmal verbreitet, lassen sie sich nicht wieder zurückholen. Das Netz vergisst nicht. Die öffentliche Erniedrigung hat oft schwerwiegende Auswirkungen auf die Opfer: von Ängsten und sozialer Isolation bis – im Extremfall – zum Suizid. Was mich sehr besorgt: Die unaufhaltsame Weiterentwicklung von KI-Tools wird die Problematik in Zukunft sogar noch weiter verschärfen. Dass in diesem hochsensiblen Bereich weiterhin eklatante Strafbarkeitslücken bestehen, ist für mich schier unerträglich. Insbesondere im Bereich des Doxings, bei Deepfakes und bei der unbefugten Anfertigung von Nacktaufnahmen anderer Personen muss des Bundesgesetzgeber schleunigst reagieren. Ich halte es beispielsweise für völlig inakzeptabel, dass das reine Anfertigen von Bildaufnahmen einer nackten Person in einem öffentlich zugänglichen Bereich, z.B. einer Sauna, öffentlichen Umkleiden oder Duschbereichen, bislang nicht strafbar ist. Gleiches gilt grundsätzlich auch für das Herstellen von Deepfakes. Wir sind es den Betroffenen schuldig, dass der Staat bei jeglicher Form bildbasierter sexueller Gewalt klare Kante zeigt. Ich bin zuversichtlich, dass auch die anderen Länder diese Auffassung teilen.“
Gesetzliche Regelungen zu No-Show-Klauseln/Terminausfallpauschalen
Werden Termine, etwa in Praxen, Restaurants oder bei Ärzten, kurzfristig abgesagt, wird immer häufiger eine sog. No-Show-Klausel oder Terminausfallpauschale geltend gemacht, die sich meist in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Unternehmen finden. Spezielle gesetzliche Vorgaben hierzu fehlen bislang, was sowohl für die Kundinnen und Kunden als auch für Verwendende zu Rechtsunsicherheiten führt. Niedersachsen macht sich daher dafür stark, durch Ergänzungen der gesetzlichen Regelungen mehr Klarheit für alle Beteiligten zu schaffen. „Ob beim Arzt, beim Friseur oder im Restaurant – immer häufiger werden Verbraucherinnern und Verbraucher zur Kasse gebeten, wenn sie einen vorab vereinbarten Termin nicht wahrnehmen. Grundlage dafür sind meist so genannte No-Show-Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die gerade bei alltäglichen Dienstleistungen derzeit Hochkonjunktur erleben. Klare gesetzliche Vorgaben hierzu fehlen aber. Dieser ungeregelte Zustand muss endlich ein Ende haben: Bei einem alltäglichen Thema wie diesem ist Rechtsklarheit das Gebot der Stunde – und zwar für beide Seiten“, fasst Dr. Wahlmann diesen niedersächsischen Vorschlag zusammen.
Weitere Vorschläge und Pakt für den Rechtsstaat
Weitere niedersächsische Vorschläge befassen sich mit den Voraussetzungen der allgemeinen Beeidigung von Gerichtsdolmetscherinnen und Gerichtsdolmetschern, insbesondere dem zu erbringenden Nachweis der erforderlichen Fachkenntnisse. Daneben steht auch die Steigerung der Attraktivität von Sanierungsmoderationsverfahren als Alternative zu gerichtlichen Restrukturierungsverfahren auf der Liste der niedersächsischen Initiativen. Ein besonderes Anliegen für die Niedersächsische Justizministerin ist der Austausch mit der Bundesjustizministerin zur Neuauflage eines Paktes für den Rechtsstaat: „Ich begrüße es sehr, dass der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung die Neuauflage des Pakts für den Rechtsstaat vorsieht. Das darf aber kein leeres Versprechen bleiben. Der Bund ist in der Verpflichtung, die Länder bei der Digitalisierung und bei der personellen Ausstattung der Gerichte und Staatsanwaltschaften zu unterstützen. Wir brauchen einen starken Rechtsstaat und eine leistungsfähige Justiz – dafür müssen die Länder und der Bund gemeinsam einstehen.“
Artikel-Informationen
erstellt am:
04.06.2025
Ansprechpartner/in:
Frau Verena Brinkmann
Nds. Justizministerium
Pressesprecherin
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Tel: 0511 / 120 5044