Rede der Niedersächsischen Justizministerin Dr. Wahlmann zu TOP 7 „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Schiedsämtergesetzes, des Niedersächsischen Schlichtungsgesetzes und des Niedersächsischen Justizgesetzes“
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 10. September 2025
Es gilt das gesprochene Wort
„Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
ob es um die Wurzeln eines Baumes, den Grenzverlauf oder um die Zufahrt zum eigenen Grundstück geht – wenn Bürgerinnen und Bürger untereinander in Streit geraten, können sich Positionen unvereinbar gegenüberstehen.
In einigen Fällen braucht es eine gerichtliche Entscheidung.
Es muss aber nicht immer ein vor einem Gericht erstrittenes Urteil sein.
Viele Fälle können außergerichtlich gelöst werden – unkomplizierter, schneller und kostengünstiger.
Dafür sorgen mehr als 600 ehrenamtliche Schiedsleute in unserem Land. Sie leisten einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag – mit viel Geduld, Empathie und Pragmatismus.
Oft kann eine Schlichtung nachhaltig für Rechtsfrieden sorgen. Konflikte werden an der Wurzel gepackt und Lösungen einvernehmlich gefunden.
Das ist nicht nur bei nachbarrechtlichen Streitigkeiten hilfreich – in vielen Fällen müssen die Beteiligten auch weiterhin im Alltag miteinander auskommen.
In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten waren es im Jahr 2024 mehr als 2.000 Fälle, in denen ein Antrag auf Durchführung eines Schlichtungsverfahrens gestellt wurde.
Fast 1.200 – mehr als die Hälfte davon – konnten durch eine einvernehmliche Vereinbarung erledigt werden.
Unsere Schiedsfrauen und Schiedsmänner können ihren Beitrag aber auch in Strafsachen leisten. Bei kleineren Delikten kann eine Schlichtung zu einer Entschuldigung und zur außergerichtlichen Versöhnung führen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf wollen wir die Schiedsleute stärken und ihr wichtiges Ehrenamt attraktiver gestalten.
Dafür werden wir das Mindestalter auf 25 Jahre absenken. So stellen wir einen Gleichlauf her mit dem Mindestalter für Schöffinnen und Schöffen – und wir sorgen dafür, dass sich auch mehr junge Menschen als Schiedsmann oder Schiedsfrau bewerben.
Außerdem werden wir dafür sorgen, dass das Schiedsamt auch für Berufstätige attraktiver wird.
Künftig müssen unsere Schiedsleute für Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen keinen Urlaub mehr nehmen. Wir schaffen einen Freistellungsanspruch mit Entgeltfortzahlung – so wie es auch für Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr geregelt ist.
Wer in das Ehrenamt einsteigen oder sich weiter fortbilden will, den wollen wir entlasten.
Arbeitgeber werden auf Antrag durch die Gemeinden entschädigt. Um das zu ermöglichen, haben wir die weiterhin geringen Gebühren für das Schiedsverfahren leicht angehoben.
Wir wollen aber nicht nur mehr Schiedsfrauen und Schiedsmänner gewinnen – wir wollen ihre Arbeit auch weiter erleichtern. Dazu werden wir etwa die Ordnungsgelder erhöhen, die im Schiedsverfahren verhängt werden können, zum Beispiel wenn Beteiligte nicht erscheinen. Das war ein expliziter Wunsch der Schiedsleute. Niemand soll sich aus einem Schiedsverfahren freikaufen können. Auch wenn die Kompromissbereitschaft am Anfang noch fehlt, kann diese häufig hergestellt werden.
Als digitale und bürgerfreundliche Justiz schaffen wir außerdem die Möglichkeit für die Rechtssuchenden, das Schiedsverfahren auch digital einzuleiten.
Außerdem kann künftig auch im Schiedsverfahren eine Person zum Dolmetschen hinzugezogen werden, so wie es auch im gerichtlichen Verfahren üblich ist.
Zur Vereinfachung des Schiedsverfahrens wird auch beitragen, dass wir uns für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit an die entsprechenden Regelungen in der Zivilprozessordnung annähern. Wir schaffen weitere Zuständigkeiten, indem wir künftig wie in der ZPO auf den Wohnsitz des Antragsgegners abstellen. Das kann auch ein Zweitwohnsitz sein.
Außerdem schaffen wir zusätzlich eine Zuständigkeit der belegenen Sache. Verhandelt wird dann durch das Schiedsamt, in dem ein betroffenes Objekt liegt.
Egal, ob deren Eigentümerinnen oder Eigentümer in Aurich oder in Braunschweig wohnen – ein Streit über Büsche oder Bäume auf einem Grundstück in Lüneburg kann am besten am direkt vor Ort in Lüneburg verhandelt werden – und auch das schaffen wir mit diesem Gesetz.
Mit diesen und weiteren Änderungen kümmern wir uns um Anliegen unserer Schiedsmänner und Schiedsfrauen.
Wir hören zu, wenn Ehrenamtliche aus ihrer Praxis berichten und schauen gemeinsam, wie wir Dinge erleichtern können.
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
mit unserem Gesetzesentwurf werden wir dazu beitragen, ein wichtiges Ehrenamt attraktiver zu gestalten.
Wir werden mehr Menschen für das Schiedswesen gewinnen können und den Gemeinden erleichtern, die ihnen zugewiesenen Aufgaben zu erfüllen.
Und wir verbessern das Schiedsverfahren insgesamt, damit mehr Bürgerinnen und Bürger gemeinsame Lösungen finden können, statt sich vor Gericht zu streiten.
Ich freue mich auf konstruktive Beratungen im Rechtsausschuss.
Vielen Dank!“
Artikel-Informationen
erstellt am:
10.09.2025
Ansprechpartner/in:
Frau Verena Brinkmann
Nds. Justizministerium
Pressesprecherin
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Tel: 0511 / 120 5044