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Rede der Niedersächsischen Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann zu den Haushaltsberatungen 2024 – Schwerpunkt Justiz

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 13. Dezember 2023, TOP 45


Es gilt das gesprochene Wort!


"Sehr geehrte Frau Präsidentin,

sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

  • Danke an den Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen und auch an den Unterausschuss für Justizvollzug und Straffälligenhilfe für die guten Beratungen und die guten Ergebnisse.
  • Aber auch herzlichen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meines Hauses, die trotz angespannter Finanzlage einen überzeugenden Haushaltsentwurf zusammengestellt haben,
  • Und insbesondere herzlichen Dank an die Beschäftigten der niedersächsischen Justiz, die in diesem Jahr Großartiges geleistet haben. In Teilen der Justiz sind die Verfahrenszahlen in diesem Jahr erheblich gestiegen – und dieser gestiegenen Belastung haben die Kolleginnen und Kollegen unter teilweise großem persönlichen Einsatz standgehalten. Ganz herzlichen Dank dafür.

Diese gute Zusammenarbeit aller hat auch die Haushaltsverhandlungen getragen und zu einem sehr guten Abschluss gebracht. Trotz Energiekrise, Inflation und langsamem Wachstum haben wir nicht den Mangel verwaltet, sondern den Mut zu Investitionen in die richtigen Schwerpunkte gefunden.

Beginnen möchte ich mit der Digitalisierung. Die Digitalisierung ist das Thema unserer Zeit.

Und die Justiz ist mittendrin und geht in einigen Bereichen auch vorneweg.

Ab dem 01.01.2026 wird die gesamte Justiz komplett digital arbeiten – jedes Gericht und jede Staatsanwaltschaft in Deutschland – und somit auch in Niedersachsen – wird spätestens ab dann jede Akte digital führen.

Das ist ein dickes Brett, das wir da bohren – aber es ist auch eine große Chance. Und zwar sowohl für die Justiz als auch für die Bürgerinnen und Bürger. Durch die elektronische Akte wird die Justiz schneller und flexibler. Mit diesem Haushaltsplan werden erstmalig nicht nur die sogenannten Entscheiderinnen und Entscheider, sondern auch die Beschäftigten des früheren mittleren Dienstes, insbesondere in den Serviceeinheiten und im Justizvollzug, sukzessive mit Notebooks ausgerüstet. Das gibt auch ihnen die Möglichkeit, flexibel von unterwegs und von zu Hause aus zu arbeiten.

Das ermöglicht auch eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und macht die Justiz so auch attraktiver für junge Menschen, die wir für uns gewinnen wollen.

Auch für die Bürgerinnen und Bürger ist die Digitalisierung der Justiz ein echter Gewinn. Seit Kurzem haben Rechtssuchende die Möglichkeit, ihre Klagen und Anträge über „https://mein-justizpostfach.bund.de/“ bequem von zu Hause aus online einzureichen. Im Übrigen erwarten wir durch die Einführung der E-Akte und die dadurch entstehende Möglichkeit, an der Akte weiterzuarbeiten, auch wenn sie gerade an Sachverständige oder Rechtsanwälte versandt ist, eine Verfahrensbeschleunigung, die den Bürgerinnen und Bürgern zu Gute kommt.

Gleichzeitig ist die Digitalisierung der Justiz aber auch ein großer Kraftakt, bei dem es unsere Aufgabe ist, die Beschäftigten gut mitzunehmen – und zwar insbesondere auch diejenigen, die nicht besonders digitalaffin sind, denn auch diejenigen werden mit der E-Akte arbeite und tun es zum Teil auch schon.

Manche Bereiche wie die Arbeitsgerichtsgerichte haben bereits komplett auf „digital“ umgestellt; anderenorts ist der Wandel voll im Gange. Wichtige Bereiche wie die Strafjustiz stehen aber auch noch aus. Deshalb gilt jetzt: Volle Kraft voraus.

Wir müssen heute und nicht „irgendwann“ in die beste Technik und die besten Köpfe investieren.

Der Haushaltsplanentwurf 2024 setzt darum im Justizbereich einen klaren Schwerpunkt im Bereich der Digitalisierung.

Allein bei den Sachmitteln ist ein Zuwachs von 11 Millionen Euro für die Digitalisierung vorgesehen. Der Gesamtansatz steigt damit um etwas mehr als 28 % auf im Ergebnis rund 50 Millionen Euro.

Darüber hinaus schafft der Landtag mit diesem Haushalt 26 neue Stellen für unseren zentralen IT-Betrieb – und auch diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden dringend gebraucht, damit die Umstellung auf E-Akte gelingt.

Gleichzeitig gibt uns der Haushalt die Möglichkeit, mit 2,6 Millionen Euro und weiteren Stellen für mehr IT-Sicherheit zu sorgen und ein System zur Erkennung von Angriffen gegen IT-Systeme sowie zum Erkennen und zur Abwehr von Angriffen, Schadprogrammen und Sicherheitslücken auf- und ausbauen.

Für uns als Rechtsstaat, als tragende Säule der Staatsgewalt, ist dieser Zuwachs an Sicherheit von essentieller Bedeutung.

Ein zweiter wichtiger Schwerpunkt ist die Stärkung der Strafjustiz – sowohl im digitalen Raum als auch in der analogen Welt.

Unsere Speerspitze im Kampf gegen digitale Gewalt ist die Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität im Internet bei der Staatsanwaltschaft Göttingen. Und die hat enorme Eingangszahlen: Alleine im letzten Jahr hat sich die Anzahl der Verfahren auf 2.200 im Jahr verdoppelt. Dem wollen wir – will der Landtag – etwas entgegensetzen. Und zwar durch eine deutliche Stärkung um insgesamt sieben Stellen, darunter eine Beschäftigungsmöglichkeit für einen IT-Spezialisten. Damit senden wir die klare Botschaft an die Straftäter: Ihr könnt Euch nicht in der vermeintlichen Anonymität des Internets verstecken! Wir werden Eure „Hate-Posts“ zurückverfolgen und Euch dafür – ganz analog – zur Rechenschaft ziehen!

Darüber hinaus werden wir auch die Zentralstelle zur Bekämpfung der Kinderpornographie, die „Zentralstellen Cybercrime“ und die Zentralstelle zur Bekämpfung von Geldautomatensprengungen personell verstärken.

Und ja: Ich möchte ganz deutlich ansprechen, dass die Eingangszahlen bei den Staatsanwaltschaften enorm steigen. Die Kolleginnen und Kollegen in den Staatsanwaltschaften arbeiten am Limit und teils darüber hinaus. Das gilt im Übrigen auch für die kleinen und großen Strafkammern an den Landgerichten.

Dieser Einsatz hat meinen größten Respekt. Das will ich ganz klar so sagen.

Und genauso klar ist, dass sich an dieser Situation etwas ändern muss.

Das erklärte Ziel ist weiterhin Pebb§y 1.0 - und ich werde weiterhin energisch dafür werben, dass der Landtag die nötigen Stellen dafür schafft.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass nicht alle Bereiche der Justiz so stark belastet sind – und es in anderen Bereichen sogar deutlich Luft gibt.

Ich halte es daher für eine Frage der Solidarität, sich innerhalb der Justizfamilie gegenseitig zu unterstützen – und das wird jetzt auch geschehen. Wie immer ist dabei die Bereitschaft zur Solidarität bei den einen stärker ausgeprägt als bei den anderen. Schlussendlich ist es aber gelungen, dass wir für das kommende Jahr – für ein Jahr befristet – insgesamt 40 weitere Stellen – nämlich 20 Stellen für Staatsanwältinnen und Staatsanwälte und 20 weitere Stellen für den mittleren Dienst – aus anderen Bereichen der niedersächsischen Justiz an die besonders belasteten Staatsanwaltschaften im Bezirk der Generalstaatsanwaltschaft Celle verlagern können.

Ganz herzlichen Dank für diese Solidaraktion!

Neben der Strafjustiz sehen wir derzeit auch im Asylbereich deutlich steigenden Verfahrenszahlen entgegen. Eine geordnete rechtsstaatliche Bewältigung dieser Herausforderung kann nur mit einer starken Verwaltungsgerichtsbarkeit gelingen. Die Ministerpräsidentenkonferenz hat diese Herausforderung klar benannt.

Unsere Verwaltungsgerichte haben in den letzten Jahren bereits viel erreicht und große Verfahrensbestände abgebaut. Die erneut steigenden Flüchtlingszahlen stellen sie aber vor große Herausforderungen.

Deshalb bin ich sehr dankbar, dass über die technische Liste 15 neue befristete Stellen für Verwaltungsrichterinnen und -richter geschaffen werden. Zudem ist es gelungen, fast 20 befristete Richterstellen bis zum Ende des Jahrzehnts zu verlängern. Das sind in Summe fast 35 Stellen, mit denen wir Planungssicherheit für unsere Gerichte schaffen und Asylverfahren, aber auch Planungs- und Genehmigungsverfahren deutlich beschleunigen können. Organisatorisch werden wir in diesem Zuge die Bearbeitung von Asylverfahren unter anderem durch eine weitere Konzentration noch effektiver aufstellen.

Ein besonderes Anliegen ist mir der Justizvollzug. Die dortigen Kolleginnen und Kollegen leisten – oft abseits der öffentlichen Aufmerksamkeit – Großartiges für unser aller Sicherheit.

Dem zollt der Haushalt 2024 Anerkennung, indem wir – nachdem der Landtag schon mit dem Nachtragshaushalt die Vollzugszulage erhöht hat – den Zuschuss für die Beschaffung von Dienstkleidung deutlich erhöhen – übrigens auch für die Beschäftigten in den Wachtmeistereien der Gerichte und Staatsanwaltschaften. Wir schaffen zudem im Justizvollzug durch Stellenhebungen mehrere dutzend zusätzliche Beförderungsmöglichkeiten.

Inhaltlich bringen wir den Vollzug zudem voran, indem wir eine neue Abteilung zur Behandlung von Gefangenen mit einer Doppeldiagnose aus psychischer Erkrankung und Suchtproblematik einrichten. Das entlastet den Vollzug und gibt den Betroffenen die Chance auf eine Resozialisierung, um zukünftig ein verantwortliches Leben ohne Straftaten zu führen.

Mit dem Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2024 gehen wir die großen Themen der Justiz erfolgreich an.

Er ist ein sichtbares Bekenntnis zum Rechtsstaat in unruhigen Zeiten.

Wir sorgen damit gemeinsam für mehr Gerechtigkeit.

Vielen Dank.“

Schmuckgrafik   Bildrechte: MJ

Artikel-Informationen

erstellt am:
14.12.2023

Ansprechpartner/in:
Herr Dr. Christoph Sliwka, LL.M.

Nds. Justizministerium
Pressesprecher
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Tel: 05111205044

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