Rede der Nds. Justizministerin Dr. Wahlmann zu TOP 2 b „Ministerin Dr. Wahlmanns Bilanz für die Justiz“
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 24. Juni 2025
Es gilt das gesprochene Wort!
Rede der Niedersächsischen Justizministerin Dr. Wahlmann zu TOP 2 b
„Ministerin Dr. Wahlmanns Bilanz für die Justiz“
„Sehr geehrte Frau Präsidentin,
Sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete,
die CDU möchte gerne meine Bilanz für die erste Hälfte der Legislatur hören – nichts lieber als das.
Beginnen wir beim Personal – denn Justiz ist People’s Business:
Insgesamt haben wir in Justiz in den Jahren 2024 und 2025 191 neue Stellen und Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen. Allein mit dem Haushalt 2025 haben wir 55 Stellen nur bei den Staatsanwaltschaften geschaffen. Das ist der größte Zuwachs seit vielen Legislaturen, wenn nicht überhaupt in der Geschichte des Landes. Dazu kommen, erneut allein 2025, fast 40 Stellen bei den Gerichten, vor allem zur Verstärkung der Straf- und der Betreuungsgerichte.
2024 haben wir zudem die Verwaltungsgerichte mit 15 zusätzlichen Stellen im richterlichen Dienst verstärkt. 2024 und 2025 haben wir zudem insgesamt 112 befristete Stellen verlängert.
- Wir haben endlich für einen echten Belastungsausgleich innerhalb der Justiz gesorgt. In einer wirklich tollen Solidaraktion haben wir 2024 und 2025 in großem Umfang Stellen, Budget und Beschäftigungsvolumen aus weniger belasteten Bereichen der Justiz dorthin verlagert, wo großer Bedarf bestand – teils zeitlich begrenzt, vielfach auch dauerhaft.
- Ich habe bei den Koalitionsverhandlungen im Bund zu den treibenden Kräften gehört, um durch einen neuen Pakt für den Rechtsstaat den Bund bei der weiteren Verbesserung der Personalausstattung mit ins Boot zu holen.
Anders als meine Vorgängerin von der CDU werde ich mich bei der Umsetzung auch nicht damit abspeisen lassen, die Bundesmittel mit Stellen zu verrechnen, die das Land schon geschaffen hat.
- Wir haben deutliche Verbesserungen bei den Beförderungen erreicht. Durch 127 Hebungen aus dem Kernhaushalt haben wir allein 2025 229 Beförderungen im mittleren Dienst ermöglicht. Das sind Größenordnungen, die es seit vielen Jahren nicht gab. Im Wachtmeisterdienst konnten wir 41 Hebungen durchführen,
- Bei der Ausbildung und Nachwuchsgewinnung haben wir den Schlafwagenmodus verlassen und echte Reformen auf den Weg gebracht:
· Wir haben das seit Langem von den Referendarvertretungen geforderte elektronische Examen am Laptop auf den Weg gebracht.
· Die Vergütung unserer Referendarinnen und Referendare haben wir deutlich angehoben – von 85% auf 90% des Anwärtergrundbetrages – und damit die rote Laterne unter den Bundesländern abgegeben.
· Aktuell arbeiten wir daran, das Rechtspflegerstudium gemeinsam mit unserem Geschäftsbereich, den Fachverbänden und den anderen Bundesländern im norddeutschen Verbund tiefgreifend zu reformieren.
· Zur Modernisierung der Justizfachwirtausbildung haben wir mehrere Arbeitsgruppen eingesetzt.
· Die Wachtmeisterinnen und Wachtmeister werden wir endlich in einer regulären Ausbildung selbst ausbilden – das wird ein wahrer Gamechanger.
Dann zum Thema Digitalisierung.
Hier habe ich das Tempo reingebracht, das unter meiner Vorgängerin von der CDU leider fehlte – und das gleich in mehrfacher Hinsicht:
- Als ich mein Amt vor etwas mehr als zweieinhalb Jahren angetreten habe, arbeiteten genau neun Gerichte – teilweise - elektronisch. Mittlerweile wird an jedem einzelnen der 128 niedersächsischen Gerichte mit der e-Akte gearbeitet:
· Die Fachgerichtsbarkeiten: Arbeiten komplett digital.
· Die Zivilgerichte: Arbeiten komplett digital.
· Die Familiengerichte: Arbeiten komplett digital.
· Insolvenzrecht und andere Nebengebiete: Sind mitten in der Umstellung.
· Strafgerichte und Staatsanwaltschaften: Sind auf dem Weg zur e-Akte. Praxistests laufen und es liegt ein konkreter Roll-Out-Plan vor, der am 12.12.2025 mit den Strafsachen am Landgericht Osnabrück endet.
- Beim Digitalhaushalt haben wir endlich die nötigen Mittel bereitgestellt, um aus der Digitalisierung einen Erfolg zu machen. Insgesamt waren es bei den Sachmitteln allein 2024 und 2025 gut 20 Millionen Euro mehr als ursprünglich vorgesehen. Und das bei einem Ausgangswert von knapp 39 Millionen. Dazu kommen knapp 50 neue Stellen und Beschäftigungsmöglichkeiten. Das Geld versandet nicht irgendwie, sondern bewirkt ganz konkrete Verbesserungen für unsere Bediensteten:
· Durch mehr und intensivere Schulungen wird der Umstieg auf die e-Akte erleichtert.
· Desktop-PCs werden konsequent durch Laptops ersetzt – nicht mehr nur für die Entscheiderebene, sondern auch für unsere Serviceeinheiten. Das ist zusammen mit der e-Akte ein Meilenstein in Sachen Flexibilität und Familienfreundlichkeit.
· Durch den Bezug moderner Rechenzentren in und um Hamburg erhöhen wir die Leistungsfähigkeit und schaffen Redundanzen, um auch im Notfall weiterarbeiten zu können.
· Unsere Referendarinnen und Referendare bekommen ebenfalls erstmals landesweit dienstliche Laptops zur Verfügung gestellt.
· Niedersachsen hat sich in den letzten beiden Jahren eine Stellung als ein Vorreiter bei der Digitalisierung der Justiz über die e-Akte hinaus erarbeitet. Mit MAKI und EMIL testen wir seit 2023 bzw. 2024 wegweisende KI-Anwendungen um gleichgelagerte Verfahren im Zivilrecht und im Verwaltungsrecht möglichst effizient zu bearbeiten. Zahlreiche andere Bundesländer haben bereits ihr Interesse bekundet, diese Anwendungen künftig ebenfalls zu nutzen. Insgesamt gehören wir zu den Spitzenreitern unter den Ländern, was Anmeldungen zum Digitalpakt angeht. Auch hier habe ich im Übrigen in den Koalitionsverhandlungen mit dafür gesorgt, dass der Bund ihn fortführen und aufstocken wird.
Auch strukturell geht es in der niedersächsischen Justiz voran:
· Durch die Konzentration von Asylverfahren aus bestimmten Herkunftsländern mit hohen Fallzahlen bei gleichzeitig geringer Anerkennungsquote an einzelnen Verwaltungsgerichten konnte diese Landesregierung die Laufzeit von gerichtlichen Asylverfahren in der Hauptsache von 28,2 auf zuletzt 13,9 Monate halbieren; bei Eilverfahren sind wir bei einer Laufzeit von 0,8 Monaten.
· Wir haben eine grundlegende Evaluation der staatsanwaltschaftlichen Zentralstellen und Schwerpunktbereiche angestoßen. Parallel haben wir bereits begonnen, in zentralen Bereichen wie der Kinderpornographie durch gezielte Reform der Strukturen verbunden mit deutlicher personeller Verstärkung die Voraussetzungen für eine noch effektivere Strafverfolgung zu schaffen. Mit der landesweiten Zentralstelle Cybercrime werden wir ab 2026 den Kampf gegen Kriminalität im Netz auf ein neues Level heben.
· Mit den Commercial Courts und Chambers werden wir noch in diesem Jahr ein modernes Angebot für handels- und gesellschaftsrechtliche Großverfahren in englischer Sprache einführen.
· Und gleichzeitig steht diese Landesregierung klar zum Erhalt jedes einzelnen Gerichts in unserem Land – und damit für einen Rechtsstaat, der in der Fläche präsent ist.
Mit Blick auf die Bundesebene kann ich sagen: Niedersachsen ist zurück auf der Landkarte.
· Nicht erst mit dem erfolgreichen Vorsitz der Justizministerkonferenz 2024 hat Niedersachsen seit der letzten Landtagswahl bewiesen, dass wir eines der Vorreiterländer im Bereich moderner Justizpolitik sind. Auch deshalb haben meine Kolleginnen und Kollegen aus sieben anderen Ländern mir vor wenigen Wochen die Koordination der sogenannten A-Länder übertragen. In dieser Funktion werde ich künftig nicht nur für Niedersachsen sprechen, sondern für alle Landesjustizministerien, die für eine progressive Justizpolitik eintreten.
· Wir haben zahlreiche erfolgreiche Anträge bei der JuMiKo gestellt, zuletzt etwa zu Femiziden und zur Verfolgung bildbasierter sexueller Gewalt sowie zu No-Show-Klauseln im Zivilrecht.
· Im Bundesrat haben wir mehrere erfolgreiche Initiativen eingebracht, etwa zur Beschleunigung von Asylverfahren durch mehr Leitentscheidungen. Auf meine Initiative hin hat der Bundesrat sich zudem für die Strafbarkeit der verbalen sexuellen Belästigung ausgesprochen.
Dem Justizvollzug habe ich endlich die Aufmerksamkeit gewidmet, die er verdient. Denn nur mit einem modernen Vollzug kann eine Freiheitsstrafe ihren Zweck erfüllen. Das bedeutet konkret:
· Wir haben eine moderne Nachwuchskampagne für den Vollzug auf den Weg gebracht und auch dadurch erstmals seit Langem alle Ausbildungsplätze nutzen können.
· Mit dem Projekt Juv#Peb lassen wir erstmals den Personalbedarf im Vollzug objektiv ermitteln.
· Den Dienstkleidungszuschuss haben wir deutlich erhöht, wovon im Übrigen auch unsere Wachtmeisterinnen und Wachtmeister profitieren. Dazu kommen die Erhöhung der Vollzugszulage und die laufende Erhöhung der Werkmeisterzulage.
· Mit dem Großprojekt „Neubau der JVA Hannover“ werden wir einen weiteren Meilenstein für den gesamten Vollzug verwirklichen. Zugleich werden wir damit endlich einen Hochsicherheitssaal für Niedersachsen bauen – nachdem unter meiner Vorgängerin von der CDU vorschnell ein Grundstück gekauft wurde, ohne eine gesicherte Finanzierung zu haben. Mehr dazu aber noch später heute.
Und zu guter Letzt haben wir in den letzten zwei Jahren viel für die Sichtbarkeit der Justiz in der Öffentlichkeit getan. Dazu gehören Veranstaltungen wie die Woche der Gerechtigkeit genauso wie der Ausbau unserer Social Media Präsenz, die neuerdings von einer eigenen Social Media Beauftragten betreut wird.
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
Sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete,
ich könnte die Aufzählung fortsetzen und etwa darauf hinweisen, dass ich erstmals durch entsprechende Erlasse dafür gesorgt habe, dass landesweit Ermittlungsverfahren mit antisemitischem Hintergrund nicht mehr aus Opportunitätsgründen eingestellt werden. Aber ich glaube man sieht auch so: Wir haben in den ersten zweieinhalb Jahren der Regierungszeit bereits viel erreicht. Und das, obwohl ich den Haushalt 2023 noch von meiner Vorgängerin von der CDU „geerbt“ hatte. Sie dürfen sicher sein: In der zweiten Hälfte wird es im selben Tempo weitergehen. Einige der wegweisenden Projekte, an denen wir aktuell arbeiten, habe ich angesprochen. Weitere Stichworte sind die Reform des offenen Vollzuges, das eigenständige Abschiebehaftvollzugsgesetz und auf Bundesebene die Verabschiedung eines Gesetzes gegen digitale Gewalt. Auf meine Bilanz 2027 dürfen Sie also schon jetzt gespannt sein!
Vielen Dank!“Artikel-Informationen
erstellt am:
24.06.2025
Ansprechpartner/in:
Herr Dr. Christoph Sliwka, LL.M.
Nds. Justizministerium
Pressesprecher
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Tel: 05111205044