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Privatisierung im Justizvollzug – Kritische Begleitung der JVA Bremervörde

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 21.06.2013, Mündliche Anfrage (TOP 14)


HANNOVER. Die Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz beantwortet namens der Landesregierung die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Marco Brunotte, Kathrin Rühl,

Andrea Schröder-Ehlers (SPD) und Belit Onay (Grüne)

Die Abgeordneten hatten gefragt:

Am 31. Januar 2013 hat die teilprivatisierte JVA Bremervörde die ersten Gefangenen aufgenommen. Noch befindet sich die Anstalt in einer vertraglich vereinbarten Probephase, die zum 30. Juni 2013 endet und danach in den „Normalbetrieb“ übergeht. Justizministerin Niewisch-Lennartz hat in der Sitzung des Rechtsausschusses am 10. April 2013 im Rahmen der Vorstellung ihrer justizpolitischen Schwerpunkte u. a. mitgeteilt, dass sie zur kritischen Begleitung und Bewertung des Betriebs der teilprivatisierten JVA Bremervörde ein Finanz- und Qualitätscontrolling aufbauen wird.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Auf welcher Grundlage wird die Landesregierung die in der JVA Bremervörde erbrachten Leistungen mit denen der anderen niedersächsischen Justizvollzugsanstalten vergleichen? Sind Kostenvergleiche möglich und vorgesehen?

2. Wie stellen sich die Ausstiegsoptionen für den Fall dar, dass vertraglich vereinbarte Leistungen nicht erbracht bzw. Qualitätsstandards des niedersächsischen Justizvollzuges nicht eingehalten werden?

3. Wie wird die Landesregierung den Landtag über die Ergebnisse des Finanz- und Qualitätscontrollings unterrichten?

Ministerin Niewisch-Lennartz beantwortet die Anfrage im Namen der Landesregierung:

Die JVA Bremervörde ist seit dem 3. Februar 2013 im sog. Echtbetrieb und mittlerweile mit rund 240 Gefangenen belegt. 84 Bedienstete des Justizvollzugs und 61 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Privaten Partners haben für eine gute Startphase gesorgt. Die Übergabepunkte zwischen hoheitlichen Aufgaben und Bereichen, die in der Zuständigkeit externer Träger liegen, sind bereits in der Planungsphase detailliert vorbereitet und in der Probephase eingeübt worden. Deshalb kann in der Ablauforganisation eine bislang weitgehend reibungslose Zusammenarbeit festgestellt werden. Allerdings entspricht die Beschäftigungssituation der Gefangenen gegenwärtig noch nicht den vertraglichen Vereinbarungen. Die Landesregierung wird insbesondere die Schnittstellen staatlicher und privater Verantwortlichkeiten kritisch beobachten und die Leistungen der JVA Bremervörde an den Ergebnissen und Standards der anderen Justizvollzugseinrichtungen messen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Das Justizministerium wird im Rahmen eines Wirtschaftlichkeits- und Qualitätscontrollings überprüfen, ob die finanziellen Annahmen aus der Wirtschaftlichkeitsrechnung zu den Personal- und Sachkosten zutreffen. Grundlagen dafür sind die Nominalkosten für den beauftragten Teilbetrieb sowie Volumen und Struktur des Personals und die Nominalkosten für beim Land verbleibende hoheitliche Aufgaben. Wie alle anderen Justizvollzugseinrichtungen des Landes wird auch die JVA Bremervörde in einer Kosten- und Leistungsrechnung Produktkosten ermitteln und über ein Kennzahlencontrolling die vollzuglichen Leistungen abbilden. Auf dieser Grundlage können die Qualitätsstandards der JVA Bremervörde mit denen ausschließlich hoheitlich betriebener Justizvollzugseinrichtungen verglichen werden. Dies gilt beispielsweise für die Beschäftigungsquote der Gefangenen, die Vollzugsplanung, Behandlungsangebote und Leistungen in der Entlassungsvorbereitung. Absolute Vergleiche zwischen der JVA Bremervörde und hoheitlich betriebenen Anstalten für einzelne Kostenstellen oder Teilbereiche der Anstalt werden jedoch voraussichtlich nicht bzw. nur eingeschränkt möglich sein, da der private Betreiber nicht verpflichtet ist, seine Entgeltkalkulationen offenzulegen.

Die JVA Bremervörde wird vom Justizministerium in gleicher Weise beaufsichtigt wie alle anderen niedersächsischen Justizvollzugsanstalten, die einmal im Jahr von einem dreiköpfigen Aufsichtsteam anhand einer landesweit einheitlichen Checkliste geprüft werden. Auch mit Hilfe dieses Instrumentariums können Leistungen und Qualitäten verglichen werden.

Zu 2.:

Im Oktober 2010 hat die Landesregierung mit der BAM-JVA-Bremervörde Projektgesellschaft mbH diverse Verträge über die Planung, die Finanzierung, den Bau und über die Beauftragung der Wahrnehmung bestimmter nicht hoheitlicher Betriebsdienstleistungen für das Land geschlossen.

Dauer des Projektvertrags (Bauleistungen, Betriebsunterhaltungs- und Erhaltungsleistungen) ist die Betriebsphase. Sie beträgt 25 Kalenderjahre ab Übergabe der Anstalt am 1. Januar 2013. Der Projektvertrag kann außerordentlich nur bei nicht vertragsgemäßem Verhalten oder gravierenden längerfristigen Schlechtleistungen des privaten Partners vom Land gekündigt werden.

Reinigungsvertrag, Verwaltungshilfsdienstevertrag, Verpflegungs- und Versorgungsvertrag, Gesundheitsfürsorgevertrag, Sozialfürsorgevertrag und Sicherheitshilfsdienstevertrag können erstmals nach zehn Jahren ordentlich gekündigt werden, danach alle fünf Jahre.

Der Gefangenenbeschäftigungsvertrag ist bereits nach 42 Betriebsmonaten kündbar, und zwar vom Land ohne Begründung und vom privaten Partner bei mangelnder Kostendeckung des Bereichs „Beschäftigung der Gefangenen“.

Zu 3.:

Wenn erste valide Ergebnisse vorliegen – voraussichtlich Mitte 2014 –, wird die Landesregierung diese in den Fachausschüssen des Landtags vorstellen.

Presseinformation

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erstellt am:
21.06.2013

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