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Pilotprojekt startet: Telemedizin im Justizvollzug

Beginn ab dem 1. Juli 2020 / Kooperation zwischen JVA Hannover und KVN


Der Justizvollzug in Niedersachsen steigt mit einem Pilotprojekt in die Telemedizin ein. Zum 1. Juli 2020 startet eine Vereinbarung zwischen der Justizvollzugsanstalt Hannover und der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN).

Bislang ist die medizinische Versorgung in den Haftanstalten wie folgt geregelt: Um die Gesundheit der Gefangenen kümmern sich grundsätzlich die Anstaltsärztinnen und -ärzte. Außerhalb deren Dienstzeiten, zum Beispiel am späten Abend, muss der kassenärztliche Bereitschaftsdienst gerufen werden. Dann gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder kommen die Bereitschaftsärzte in die JVA; das ist für die Mediziner jedoch sehr zeitaufwändig. Oder die Gefangenen werden in der kassenärztlichen Bereitschaftspraxis vorgeführt; das ist jedoch stets mit einem hohen personellen Aufwand und letztlich auch immer mit einem Sicherheitsrisiko verbunden. Durch das neue Pilotprojekt soll nun ein möglichst großer Teil dieser Einsätze durch eine telekommunikative Verbindung zu einer Bereitschaftsdienstpraxis priorisiert oder vermieden werden.

Justizministerin Barbara Havliza: „Die Telemedizin kann ein erheblicher Gewinn für den Justizvollzug sein, weil sie die Abläufe vereinfacht und beschleunigt. Die Gefangenen profitieren davon, weil zu jeder Zeit eine hochwertige medizinische Versorgung gewährleistet ist. Aber auch für die Bediensteten ist es eine Entlastung, weil sie zügig auf kompetente ärztliche Hilfe zurückgreifen können. Ob sich diese Erwartungen erfüllen, werden wir genau beobachten. Ich danke insbesondere den Regierungsfraktionen im Niedersächsischen Landtag, die sich für dieses Projekt eingesetzt haben.

„Mit der telemedizinischen Versorgung im Justizvollzug bricht eine neue Ära ärztlicher Versorgung für die Gefangenen an“, sagte Mark Barjenbruch, Vorstandsvorsitzender der KVN. Die Videosprechstunde habe ein großes Potential, die Bediensteten im Justizvollzugsdienst und die Ärztinnen und Ärzte im kassenärztlichen Bereitschaftsdienst zu entlasten und die medizinische Versorgung der Gefangenen zu verbessern. „Die Chancen der Digitalisierung sind gewaltig und es liegt an uns, diese gemeinsam zu nutzen. Wir verknüpfen mit diesem Modellprojekt unsere Offenheit für technische Innovationen mit unserem Sinn für pragmatische Lösungen“ so Barjenbruch.

Und so funktioniert ein telemedizinischer Einsatz: Liegt ein geeigneter Fall vor, so wird eine Videosprechstunde über einen zertifizierten Videodienstanbieter aufgebaut. Die Behandlung erfolgt durch einen Bereitschaftsdienstarzt der kassenärztlichen Bereitschaftsdienstpraxis im KRH Klinikum Siloah in Hannover. Gegenstand einer solchen Behandlung können sein:

  • die Ausstellung von Rezepten, soweit die verordneten Arzneimittel oder wirkstoffgleichen Präparate nicht in der JVA Hannover vorrätig sind;
  • die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit von Gefangenen und Sicherungsverwahrten;
  • die Einweisung von Gefangenen und Sicherungsverwahrten in öffentliche Krankenhäuser oder
  • die Mitteilung meldepflichtiger Krankheiten nach den Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes.

Anhand dieser Liste mit Beispielen wird deutlich, dass einige Beschwerden auch weiterhin den direkten Arzt-Patienten-Kontakt erfordern, insbesondere akute Notfälle bedürfen des Einsatzes des Rettungsdienstes.

Sofern sich die Zusammenarbeit zwischen JVA und KVN bewährt, wird die Ausweitung auf weitere Anstalten angestrebt. Die Kosten für das Pilotprojekt belaufen sich auf rund 50.000 Euro.

Zum Hintergrund:

Die JVA Hannover ist eine der größten Justizvollzugseinrichtungen in Niedersachsen mit einer derzeitigen Kapazität von 678 Haftplätzen. Im Durchschnitt werden in der Hauptanstalt jährlich ca. 1500 Gefangene und Sicherungsverwahrte aufgenommen.

Die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen ist für die Sicherstellung der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung in Niedersachsen gesetzlich zuständig. Hierzu gehört auch die Versorgung von Gefangenen in Justizvollzugsanstalten in Notfällen außerhalb der Dienstzeiten.

Presseinformation
Logo KVN Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen: Grüne Punkt in Form der Karte von Niedersachsen   Bildrechte: KVN

Artikel-Informationen

erstellt am:
05.06.2020

Ansprechpartner/in:
Herr Christian Lauenstein

Nds. Justizministerium
Pressesprecher
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Tel: 0511 / 120-5044

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