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Justizministerkonferenz: Mehrheiten für Themen aus Niedersachsen

Handlungsbedarf beim Kampf gegen Antisemitismus und im Umgang mit Kettenbewährungen


Hannover statt Königswinter, Konferenzraum statt Petersberg: Die diesjährige Frühjahrskonferenz der Justizministerinnen und Justizminister musste am Mittwoch pandemiebedingt erneut als Videokonferenz stattfinden. Das Justizministerium des Gastgeberlandes Nordrhein-Westfalen hatte die traditionsreiche Konferenz zum Schutz der Beteiligten ins Netz verlegt. Die Tagesordnung war umfangreich, 40 Themen aus dem Zivil- und Strafrecht wurden behandelt.

Aus niedersächsischer Sicht besonders wichtig war eine Initiative zur Bekämpfung antisemitisch motivierter Straftaten. Einstellungen von Ermittlungsverfahren aus sog. Opportunitätsgründen kommen in diesem Bereich in Niedersachsen seit drei Jahren ohnehin nur noch in Ausnahmefällen in Betracht. Aber auch die Verfolgbarkeit antisemitischer Hass-Delikte soll nach der Vorstellung Niedersachsens erleichtert werden. „Es kann nicht richtig sein, dass jemand im Netz antisemitische Beleidigungen ausstößt, aber unseren Staatsanwaltschaften die Hände gebunden sind, weil ein Strafantrag fehlt“, so Justizministerin Barbara Havliza. „Gemeinsam mit Bayern, Hessen und weiteren Ländern haben wir bei der Justizministerkonferenz in diesem Punkt rechtspolitische Impulse gesetzt und unsere Erwartungen gegenüber dem Bundesgesetzgeber formuliert. Es ist gut zu wissen, dass wir weitere Bundesländer dabei an unserer Seite haben.“

Nicht nachlassen will Ministerin Havliza beim Thema „Kettenbewährung“. Darunter versteht man das Problem, dass von Strafgerichten mitunter Bewährungsstrafen verhängt werden, obwohl der Täter zur Tatzeit bereits unter einer Bewährung steht. Das Thema stand bereits vor zwei Jahren auf der Tagesordnung der Justizministerkonferenz, seinerzeit wurde das Bundesjustizministerium aufgefordert, einen Gesetzentwurf vorzulegen. Uneinigkeit besteht seitdem über die statistische Häufigkeit der sog. Kettenbewährung. Die Mehrheit der Bundesländer sah gleichwohl auch in diesem Jahr einen Handlungsbedarf. Die weiteren Details werden nun in einer Arbeitsgruppe geklärt, an der Niedersachsen sich beteiligen wird, um das Thema voranzubringen. „Die mehrfache, gleichzeitige Gewährung von „Bewährungschancen“ sendet meines Erachtens ein falsches Signal“, so Havliza. „Beim Verurteilten und in der Öffentlichkeit kann der Eindruck entstehen, weitere Straftaten würden keine strenge Konsequenz nach sich ziehen. Die richtige Botschaft lautet: Eine Bewährungschance ist in der Regel einmalig und vor allem ernst zu nehmen.“

Erneut hat Niedersachsen zudem ein Thema aus dem Bereich der Staatsschutzverfahren auf die Tagesordnung gesetzt. Aus der Praxis großer und aufwändiger Terrorismusverfahren ist bekannt, dass Verteidiger vermehrt (Beweis-)Anträge gestellt haben, wonach im gerichtlichen Verfahren ausländische Urkunden als Beweismittel herbeigeschafft und verlesen werden sollen. Dies kann unter Umständen aufwändige Auslandsermittlungen nach sich ziehen und den Prozess erheblich verzögern. Im Gegensatz zu Beweisanträgen zur Vernehmung von Auslandszeugen gibt es in diesen Konstellationen jedoch keine gesetzlich normierten Ablehnungsgründe. Niedersachsen hat deshalb für die „Urkunden-Anträge“ eine Änderung der Strafprozessordnung vorgeschlagen; die Mehrheit der anderen Bundesländer ist diesem Ansinnen gefolgt.

Niedersachsen ist ferner diversen Themenvorschlägen als Berichterstatter beigetreten, weil es die Themen als besonders wichtig erachtet. Dazu zählen unter anderem die Fortsetzung des Pakts für den Rechtsstaat („2.0“), die Schließung von Schutzlücken im Anwendungsbereich des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes sowie die strafrechtliche Behandlung von sog. Deepfakes, Rachepornos und gefälschten Gesundheitszeugnissen.

Am Ende der Konferenz sagte Havliza: „Der regelmäßige Austausch der Justizministerinnen und Justizminister der Länder und der Bundesjustizministerin zu den vielen Fachthemen ist sehr wichtig. Aber so langsam ist es auch genug mit den Videokonferenzen. Ich hoffe sehr, dass die nächste Konferenz wieder in Präsenz stattfinden kann. Dem Justizminister von Nordrhein-Westfalen, Peter Biesenbach, und seinem Team danke ich für die hervorragende Organisation.“

Die Beschlüsse der 92. Justizministerkonferenz können Sie hier abrufen:

NRW-Justiz: 92. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister

Schmuckgrafik   Bildrechte: MJ
Justizministerin Havliza und Staatssekretär Dr. Hett nehmen per Videokonferenz an der Justizministerkonferenz teil   Bildrechte: MJ

Artikel-Informationen

erstellt am:
17.06.2021

Ansprechpartner/in:
Herr Christian Lauenstein

Nds. Justizministerium
Pressesprecher
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Tel: 0511 / 120-5044

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