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Bundesrat: Niedersächsische Justiz-Initiativen erfolgreich

Zügige Unterbringung von psychisch kranken Straftätern / Flexiblere Terminierung von strafgerichtlichen Hauptverhandlungen


Zwei Bundesratsinitiativen der niedersächsischen Justizministerin Barbara Havliza haben heute im Bundesrat eine Mehrheit gefunden. Dabei geht es zum einen darum, die Unterbringung von psychisch kranken Straftätern zu beschleunigen. Zum anderen will Niedersachsen neue Regelungen für eine flexiblere Terminierung von Gerichtsprozessen erreichen.

Ministerin Havliza: „Ich freue mich sehr, dass eine Mehrheit der Bundesländer unsere Vorschläge mitgetragen hat. Die Dringlichkeit der beiden Themen liegt auf der Hand.“

Zu den beiden Bundesratsinitiativen:

1.

Havliza hat einen Vorschlag für eine Änderung der Strafprozessordnung (StPO) vorgelegt, mit der eine Sicherheitslücke im Umgang mit psychisch kranken oder suchtkranken Straftätern geschlossen werden soll.

Zum Verständnis des Problems: Gerichte können Straftäter zu einer Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik oder Entziehungsanstalt (kurz: Maßregelvollzug) verurteilen. Es ist in der Folge möglich, dass Betroffene vorzeitig aus dem Maßregelvollzug entlassen werden und der Rest der Unterbringung zur Bewährung ausgesetzt wird, wenn eine weitere stationäre Behandlung nicht mehr erforderlich erscheint.

Ist eine Person „auf Bewährung“ und erleidet einen Suchtmittel-Rückfall oder ihre psychische Erkrankung verschlechtert sich akut, so gibt es die rechtliche Möglichkeit, diese Person vorübergehend wieder stationär im geschlossenen Maßregelvollzug zu behandeln (sog. Krisenintervention) und so den Widerruf der Bewährung zu vermeiden. Drohen durch diese Person noch vor Beginn dieser „Krisenintervention“ erhebliche rechtswidrige Straftaten, fehlt es in Deutschland aktuell an einer Regelung, durch die eine zügige Vollstreckung und Überführung in die stationäre Behandlung ermöglicht wird. Selbst unter Nutzung aller bestehenden Regelungen muss aufgrund formaler Abläufe ein Zeitraum von einem Tag abgewartet werden.

Justizministerin Havliza: „Wir haben hier eine Lücke im Gesetz, die sehr gefährlich werden kann und die wir schließen müssen. Je schneller, desto besser. Es gibt Fälle, in denen selbst die kurze Dauer von nur einem Tag nicht abgewartet werden kann. Ich denke dabei an Fälle, in denen auf Grund einer akuten Dekompensation des Verurteilten erhebliche Straftaten drohen.“

Durch die von Niedersachsen vorgeschlagene Neuregelung würde bei gefährlichen Verurteilten mit hochakuten psychischen Störungen besser als bislang eine zügige Rückführung in den Maßregelvollzug ermöglicht. Damit würde maßgeblich zu einer Verhinderung erheblicher Straftaten psychisch erkrankter Verurteilter beigetragen. Außerdem würde ein konsequenter Gleichlauf der Vollstreckungsregeln in der StPO bei einer Maßregel der Besserung und Sicherung auf der einen und einer Freiheitsstrafe auf der anderen Seite hergestellt.

Der Bundesrat hat beschlossen, den niedersächsischen Gesetzentwurf beim Deutschen Bundestag einzubringen.

2.

Niedersachsen hat sich im Bundesrat erfolgreich dafür eingesetzt, die Terminierung von Gerichtsprozessen zu erleichtern. In jüngerer Vergangenheit standen Strafgerichte im Zuge der Corona-Schutzmaßnahmen häufig vor der Herausforderung, die strengen Fristen der StPO für die Unterbrechung von Hauptverhandlungen einzuhalten. Prozesse drohten zu platzen. Dem wurde und wird durch den Bundesgesetzgeber mit zeitlich befristeten Regelungen begegnet.

Niedersachsen spricht sich dafür aus, das Problem dauerhaft zu lösen. Die Idee: Der Sachgrund der „höheren Gewalt“ soll nicht nur übergangsweise, sondern unbefristet in die StPO aufgenommen werden, um Unterbrechungsfristen zu hemmen. Damit soll außergewöhnlichen Lagen künftig Rechnung getragen werden, zum Beispiel im Falle von Naturkatastrophen oder anderen Seuchen. Havliza: „Wir brauchen eine praxisgerechte, dauerhafte Regelung. Und keine Vorschrift, die alle paar Monate entfällt und die dann vieldiskutiert und verspätet am Ende doch wieder eingeführt werden muss. Die Rufe aus der Praxis sind laut. Die Gerichte benötigen in Fällen höherer Gewalt mehr Spielraum, um die Prozesse zu terminieren.“

Der heutige Beschluss des Bundesrats sieht vor, dass die Bundesregierung unter Hinweis auf die Gesetzesinitiative Niedersachsens gebeten wird, einen Gesetzentwurf zur Änderung der StPO mit dem Ziel einer dauerhaften Erweiterung der Hemmungstatbestände in § 229 StPO um die Fälle der höheren Gewalt, zu denen insbesondere Katastrophen und Seuchen gehören, mit der Maßgabe vorzulegen, dass es – abweichend von der Regelung des § 229 Absatz 3 StPO – einer Mindestdauer der Hauptverhandlung von zehn Tagen nicht bedarf.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
07.10.2022

Ansprechpartner/in:
Herr Christian Lauenstein

Nds. Justizministerium
Pressesprecher
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Tel: 0511 / 120-5044

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