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Antwort auf die Mündliche Anfrage: „Landesresozialisierungsgesetz - eine vergessene Forderung aus der Koalitionsvereinbarung?“

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 10. März 2016, Mündliche Anfrage Nr. 35


Die Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz beantwortet namens der Landesregierung die Mündliche Anfrage Nr. 35 der Abgeordneten Dr. Stefan Birkner, Dr. Marco Genthe, Sylvia Bruns und Jörg Bode (FDP):

Vorbemerkung der Abgeordneten

In der Koalitionsvereinbarung der rot-grünen Landesregierung Anfang 2013 wurde die Einführung eines Landesresozialisierungsgesetzes für den Strafvollzug vereinbart. Auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung von Dr. Marco Genthe teile die Landesregierung in ihrer Antwort (Drucksache 17/2644) vom Dezember 2014 mit, dass die Prüfung zur Einführung noch andauerte. Auf eine erneute Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung von Dr. Marco Genthe teile die Landesregierung in ihrer Antwort (Drucksache 17/4150) vom August 2015 erneut mit, dass der Prozess noch andauerte und der Abschluss der Überprüfung sich schwer abschätzen lasse. Bis zum heutigen Tag ist kein Gesetzentwurf seitens der Landesregierung eingebracht worden.

Vorbemerkung der Landesregierung

Sowohl der Justizvollzug als auch der gesamte Bereich ambulanter sozialer Dienste sind darauf ausgerichtet, straffällig gewordene Menschen erfolgreich wieder in die Gesellschaft einzugliedern und diese dabei zu unterstützen, zukünftig ein Leben ohne Straftaten zu führen. Erfolgreiche Resozialisierung ist gleichzeitig der beste Opferschutz! Dieses gemeinsame Ziel der Resozialisierung ist nur mit einem auf hohen fachlichen Standards basierenden Übergangsmanagement zu erreichen. Bereits jetzt setzen sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Justizvollzuges, des Ambulanten Justizsozialdienstes Niedersachsen (AJSD), der Anlaufstellen für Straffälligenhilfe und einer Vielzahl weiterer Partner mit hohem Engagement für ein gelingendes gemeinsames Übergangsmanagement ein.

Neben den gesetzlichen Regelungen im StGB finden sich bereits gesetzliche Grundlagen zum Übergangsmanagement in den Justizvollzugsgesetzen des Landes, insbesondere im Niedersächsischen Justizvollzugsgesetz (NJVollzG), im Niedersächsischen Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz (Nds.SVVollzG) und im niedersächsischen Jugendarrestvollzugsgesetz (NJAVollzG).

Daneben enthält die AV „Übergangsmanagement zwischen den Justizvollzugsanstalten, dem AJSD, den Staatsanwaltschaften und den freien Trägern der Straffälligenhilfe“ (AV Übergangsmanagement) bereits wesentliche Grundsätze für die Zusammenarbeit (AV d. MJ v. 12.7.2011 (4260 – 403.116)).

In den letzten Jahren wurden die strukturellen und organisatorischen Voraussetzungen für die Resozialisierungsarbeit deutlich verbessert:

• Im Justizvollzug wurde eine strategische Steuerung des Übergangsmanagements durch neue Kennzahlen zu Beschäftigung, Unterkunft und Ausweisdokumenten im Zusammenhang mit der Entlassung implementiert.

• In den Justizvollzugseinrichtungen wurden zur Förderung einer „durchgängigen Betreuung“ Entlassungskoordinatorinnen und -koordinatoren bestellt und feste Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner im AJSD benannt. Ihre Aufgaben liegen vor allem in der Sicherstellung des Informationsflusses und der Zusammenarbeit zwischen den Akteuren des Übergangsmanagements.

• Zwischen diesen Akteuren wurden regionale Netzwerke gebildet und Kooperationsvereinbarungen geschlossen.

• Durch die durch die Fachabteilungen des Justizministeriums stetig durchgeführte Bestandsaufnahme der Handlungsfelder im Übergangsmanagement und regelmäßige Überprüfungen wurden Bedarfe herausgearbeitet, priorisiert und gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern des Justizvollzuges, des AJSD und der freien Straffälligenhilfe konkretisiert.

• Regelmäßig stattfindende Praxisworkshops zum Übergangsmanagement zwischen Mitgliedern der Justizvollzugseinrichtungen, des AJSD und der freien Straffälligenhilfe dienen dem weiteren Austausch über die vereinbarten Kooperationen. Die Situation des Übergangsmanagements in Niedersachsen wird laufend evaluiert.

Ergänzend wird auf die Antworten auf Anfragen in den Drucksachen 17/2644 und 17/4150 verwiesen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

1. Welche konkreten Maßnahmen mit welcher Zielrichtung hat die Landesregierung ergriffen, um die Einführung eines Landesresozialisierungsgesetzes zu ermöglichen?

Zur Umsetzung des gesetzlichen Resozialisierungsauftrages, der sich bereits wie ein „roter Faden“ durch die Justizvollzugsgesetze des Landes und die Regelungen zur Betreuung von straffällig gewordenen Menschen im ambulanten Bereich zieht, hat das Niedersächsische Justizministerium seit Beginn der Legislaturperiode in seinen Fachabteilungen die Diskussion zur Schaffung von Resozialisierungsgesetzen in den Ländern fortlaufend und intensiv begleitet, etwa einen aus der juristischen Lehre vorliegenden Diskussionsentwurf für ein Resozialisierungsgesetz fachlich bewertet und mit den Verfassern erörtert sowie die in Brandenburg und im Saarland geschaffenen gesetzlichen Regelungen einer fachlichen Prüfung unterzogen. Daneben wurde hinsichtlich der bestehenden und gewachsenen Strukturen im Übergangsmanagement in Niedersachsen eine umfangreiche Bestandsaufnahme durchgeführt.

Zur strukturierten Ermittlung bestehender Bedarfe und Erarbeitung von Optimierungen und Lösungen im Übergangsmanagement von zu Haftstrafe verurteilten Straftätern wurde zudem im Herbst 2015 im Justizministerium ein neues komplexes Projekt zur Resozialisierung aufgelegt. Darin werden für die Schnittstellen von Inhaftierung und Entlassung fachliche Mindeststandards für die Zusammenarbeit der Akteure, insbesondere im Hinblick auf den wechselseitigen und rechtzeitigen Informationsfluss, definiert. Außerdem werden mit dem Ziel einer gesicherten therapeutischen Versorgung entlassener Strafgefangener Vorschläge zum Ausbau bereits umgesetzter Maßnahmen sowie der Entwicklung alternativer Modelle erarbeitet. Zur Förderung des Verständnisses für den gemeinsamen gesellschaftlichen Auftrag und die Zusammenarbeit der Akteure sollen konkrete Maßnahmen vorgeschlagen und tragfähige Lösungen für die finanzielle Förderung der Anlaufstellen für Straffälligenhilfe in Niedersachsen entwickelt werden. In die Arbeit der Projektgruppe werden dabei zu den einzelnen Themen jeweils Vertreter der beteiligten weiteren Partner am Übergangsmanagement einbezogen.

Eine Entscheidung, ob und ggf. welche gesetzgeberischen Maßnahmen erforderlich sind, um auf Grundlage der Projektergebnisse eine im Sinne des Resozialisierungszieles bestmögliche Lösung zu gewährleisten, kann sachgerecht grundsätzlich erst am Ende des Projektes getroffen werden.

Soweit im Bereich des Vollzuges aber bereits Verbesserungsbedarfe im Bereich der Zusammenarbeit ersichtlich sind, sollen diese im Zuge einer Novellierung des NJVollzG erfolgen.

Mit der Gesetzesinitiative ist beabsichtigt, eine Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen dem Justizvollzug und der für die Führungsaufsicht nach § 68 a StGB zuständigen Aufsichtsstelle sowie den mit der Bewährungshilfe befassten Stellen zu erzielen. U.a. soll eine Regelung für einen besseren Datenaustausch zwischen den beteiligten Stellen in das Gesetz eingefügt werden, die die Vollzugsbehörden erstmals verpflichten soll, die zur Vorbereitung und Durchführung der Führungsaufsicht und der Bewährungshilfe erforderlichen Informationen rechtzeitig vor der möglichen Entlassung an die zuständigen Stellen zu übermitteln. Durch eine Verpflichtung zur Datenübermittlung würde die bereits jetzt bestehende partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Stellen intensiviert und auf legislativer Ebene sichergestellt werden.

2. Welche Institutionen und Fachverbände wurden im Rahmen der Ausarbeitung eines Landesresozialisierungsgesetzes involviert?

Entfällt.

3. Inwiefern geht die Landesregierung davon aus, dass ein Landesresozialisierungsgesetz noch in dieser Wahlperiode umgesetzt werden kann?

Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen.

Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
10.03.2016

Ansprechpartner/in:
Herr Marco Hartrich

Nds. Justizministerium
Pressesprecher
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Tel: 0511 / 120 - 5162

www.mj.niedersachsen.de

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