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Antisemitische Straftaten in Niedersachsen

Aktuelle Zahlen / Treffen im Justizministerium


Im Justizministerium ist heute eine hochrangige Runde zusammengekommen, um zu beraten, wie Straftaten mit antisemitischem Hintergrund in Niedersachsen begegnet werden kann. Auf Einladung von Justizministerin Barbara Havliza trafen sich Michael Fürst (Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen), Katarina Seidler (Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden), der Landesbeauftragter gegen Antisemitismus und für den Schutz jüdischen Lebens Dr. Franz Rainer Enste sowie die Generalstaatsanwälte Andreas Heuer (Oldenburg) und Detlev Rust (Braunschweig) sowie die Leitende Oberstaatsanwältin Claudia Becker-Kunze als Vertreterin für Generalstaatsanwalt Dr. Frank Lüttig (Celle).

Straftaten mit antisemitischem Hintergrund sind auch weiterhin ein Problem in Niedersachsen. So wurden im ersten Halbjahr 2020 bei den elf Staatsanwaltschaften insgesamt 80 Ermittlungsverfahren geführt, die antisemitische Bestrebungen zum Gegenstand hatten. Im Jahr 2019 waren es insgesamt 215 Ermittlungsverfahren. Relevante Tatbestände sind insbesondere Volksverhetzung/Gewaltdarstellung (2019: 113 Verfahren; 1. Halbjahr 2020: 42) sowie das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Symbole (2019: 73 Verfahren; 1. Halbjahr 2019: 22).

Justizministerin Havliza: „Eine Zunahme antisemitischer Delikte ist leider nicht auszuschließen. Ich bin mir mit den drei Generalstaatsanwälten einig, dass auch der Justiz für den Schutz jüdischen Lebens in Niedersachsen eine besondere Verantwortung obliegt. So kommt bei antisemitischen Straftaten die Einstellung eines Verfahrens, zum Beispiel wegen Geringfügigkeit, regelmäßig nicht in Betracht. Auch der Bundesgesetzgeber ist tätig geworden. Das Strafgesetzbuch wurde im Juni 2020 dahingehend geändert, dass eine antisemitische Motivation für die Bemessung der Strafe ausdrücklich Erwähnung findet.“

Michael Fürst: „Wir Demokraten müssen uns mit voller Geschlossenheit gegen rechte Gewalt, ob antisemitisch, rassistisch, fremdenfeindlich oder menschenverachtend, wehren. Gewalt beginnt aber schon in der Sprache und das wurde von der deutschen Justiz bisher nicht so ernst genommen, wie ich es schon seit vielen Jahren fordere. Rechte Gewalttäter dürfen nicht mehr „gestreichelt“ werden, sonst verlassen sie mit dem „Stinkefinger“ den Gerichtssaal.

Katarina Seidler hob in dem Gespräch besonders hervor, wie wichtig die Fortbildung von Richtern und Staatsanwälten in Fragen des Antisemitismus wäre. Arbeitsgrundlage dieser Fortbildungen sollte die weltweit anerkannte Antisemitismus-Definition der IHRA (International Holocaust Rememberance Alliance, einem Zusammenschluss von 35 Ländern) sein. Ziel wäre es, Klarheit und Transparenz in die Entscheidungen der Justiz zu bringen.

Und Dr. Franz Rainer Enste stelle fest: „Die jüdischen Bürgerinnen und Bürger unseres Bundeslands müssen sich bei uns sicher fühlen – an jedem Ort und an jedem Tag. Um den Schutz jüdischen Lebens bei uns zu garantieren, ist gewiss eine umfassende Gesamtstrategie erforderlich. Selbstverständlich gehört aber auch dazu, dass der Staat 'eine klare Kante zeigt', dass also antisemitische Straftaten engagiert aufgeklärt und konsequent verfolgt werden. Der heutige Meinungsaustausch war vor diesem Hintergrund für die weitere Arbeit aller Beteiligten von besonderer Bedeutung.“

Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
26.08.2020

Ansprechpartner/in:
Herr Christian Lauenstein

Nds. Justizministerium
Pressesprecher
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Tel: 0511 / 120-5044

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