Antwort auf die Mündliche Anfrage: „Vermeintliche Löschung von Dokumenten bei VW - Wurden diesbezüglich Ermittlungsverfahren eröffnet?“
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 3. Februar 2017, Mündliche Anfrage Nr. 51
Die Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz beantwortet namens der Landesregierung die Mündliche Anfrage Nr. 51 der Abgeordneten Dr. Marco Genthe, Jörg Bode und Dr. Stefan Birkner (FDP):
Vorbemerkung der Abgeordneten
Wie die Süddeutsche Zeitung am 13. Januar 2017 berichtet, wurden Tausende Dokumente von rund 40 Beschäftigten gelöscht, oder es wurde versucht, sie zu löschen, um die Manipulationen der Schadstoffmessungen zu verheimlichen sowie sich selber und Volkswagen der Anklage zu entziehen. All dies wurde von Volkswagen mittlerweile bestätigt, und ein Großteil der Dokumente konnte wiederbeschafft werden.
1. Wurden auch durch die Staatsanwaltschaft Braunschweig Ermittlungsverfahren gegen die rund 40 betroffenen Personen eröffnet?
Das Ermittlungsverfahren 411 Js 24156/16 der Staatsanwaltschaft Braunschweig wegen Urkundenunterdrückung (§ 274 StGB) und versuchter Strafvereitelung richtet sich gegen eine Person. Darüber hinaus wird in dem Ermittlungsverfahren 411 Js 49032/15, das sich derzeit gegen insgesamt 37 Personen richtet und dessen Gegenstand der Vorwurf der „Abgas-Manipulation“ beim Dieselmotor EA 189 ist, aktuell gegen weitere Beschuldigten nicht nur wegen Betruges (§ 263 StGB), strafbarer Werbung (§ 16 UWG), mittelbarer Falschbeurkundung (§ 271 StGB) sowie Steuerhinterziehung (§ 370 AO), sondern auch wegen Urkundenunterdrückung gemäß § 274 StGB ermittelt. Der Vorwurf der Urkundenunterdrückung wird jedoch gegen weit weniger als 37 Personen erhoben.
2. Liegt der Staatsanwaltschaft Braunschweig das „Statement of facts“ des Volkswagenkonzerns vollständig vor, und wird dieses auch für die laufenden Zivilprozesse zur Verfügung gestellt?
Der Staatsanwaltschaft Braunschweig liegt das im Internet frei einsehbare „Statement of facts“ vor. Sie wird erforderlichenfalls aber dennoch über etwaige Akteneinsichtsgesuche nach den einschlägigen Vorschriften der StPO entscheiden.
3. Warum kam es noch zu keiner Anklage in Deutschland, während in den USA bereits gerichtsfeste Sachverhaltsfeststellungen vorliegen?
Die Situation in der Bundesrepublik Deutschland und in den USA ist nicht deckungsgleich. So unterscheiden sich die einschlägigen Straftatbestände und das Prozessrecht. In der Bundesrepublik Deutschland ist die Staatsanwaltschaft verpflichtet, sämtliche be- und entlastenden Umstände zu ermitteln (§ 160 StPO) sowie den Abschluss der Ermittlungen gegen alle Beschuldigten in den Akten zu vermerken (§ 169 a StPO), bevor sie Anklage erhebt. Dieses Stadium haben die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Braunschweig noch nicht erreicht. Aus dem „Statements of facts“ ergibt sich im Übrigen, dass die Ermittlungen des Departement of Justice gegen die einzelnen Beschuldigten auch in den USA noch nicht abgeschlossen sind („the Departement’s investigation into individuals is ongoing“).
Artikel-Informationen
erstellt am:
03.02.2017
Ansprechpartner/in:
Frau Katja Josephi
Nds. Justizministerium
Pressesprecherin
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