Logo Niedersächsisches Justizministerium: zur Startseite Niedersachsen klar Logo

Antwort auf die Mündliche Anfrage: „Kopftuchverbot an Niedersächsischen Gerichten? (Teil 1)“

5. Sitzung des Niedersächsischen Landtages, Mündliche Anfrage Nr. 36


Die Justizministerin Barbara Havliza beantwortet namens der Landesregierung die Mündliche Anfrage Nr. 36 der Abgeordneten Julia Willie Hamburg, Helge Limburg, Belit Onay, Anja Piel und Christian Meyer (GRÜNE):

Vorbemerkung der Abgeordneten

In ihrer Koalitionsvereinbarung für Niedersachsen haben SPD und CDU im November 2017 u. a. vereinbart: „Darüber hinaus werden wir das Tragen eines Kopftuchs für alle Mitglieder des gerichtlichen Spruchkörpers (Berufsrichterinnen und Schöffinnen) sowie Staatsanwältinnen inklusive Referendarinnen im Sitzungsdienst untersagen.“ Das Kopftuch wird überwiegend als religiöses Symbol muslimischer Frauen angesehen. Religiöse Symbole anderer Religionsgemeinschaften, wie Kreuze oder Ordenstracht, werden nicht erwähnt. Auch überwiegend von Männern getragene religiöse Symbole, wie Kippas, finden keinerlei Erwähnung.

In der Vergangenheit gab es in Niedersachsen bereits Diskussionen über Kreuze in Gerichtssälen.

Nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Januar 2015 verstößt ein generelles Kopftuchverbot an Schulen gegen die Religionsfreiheit der betroffenen Personen und ist daher verfassungswidrig.

Artikel 3 des Grundgesetzes gebietet grundsätzlich sowohl die Gleichbehandlung von Frauen und Männern als auch die Gleichbehandlung der verschiedenen Religionsgemeinschaften.

Vorbemerkung der Landesregierung

Zu den Wesensmerkmalen des demokratischen Rechtsstaats gehört es, dass Richterinnen und Richter ihr Richteramt in sachlicher und persönlicher Unabhängigkeit und Unparteilichkeit wahrnehmen und gegenüber den Verfahrensbeteiligten Neutralität wahren. Diese verfassungsrechtlich geforderte Neutralität muss auch im Auftreten gegenüber den Verfahrensbeteiligten zum Ausdruck kommen. Schon der Anschein, die Art und Weise der Verfahrensführung oder der Inhalt einer Entscheidung orientiere sich nicht allein an Recht und Gesetz, sondern könne durch die religiöse oder weltanschauliche Einstellung der Richterin oder des Richters beeinflusst sein, kann das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Rechtsstaat gefährden. Ein solcher Anschein kann durch das Tragen sichtbarer religiöser oder weltanschaulicher Symbole bei der Vornahme richterlicher Amtshandlungen entstehen. Diese Sachlage erfordert es, das Tragen religiöser und weltanschaulicher Symbole bei der Vornahme richterlicher Amtshandlungen einer kritischen Würdigung zu unterziehen. Hieraus kann sich in der Zukunft das Erfordernis gesetzgeberischen Handelns ergeben. Das gilt auch hinsichtlich ehrenamtlicher Richterinnen und Richter sowie Referendarinnen und Referendare, soweit sie richterliche Aufgaben wahrnehmen.

Für die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sowie Referendarinnen und Referendare bei der Wahrnehmung des staatsanwaltschaftlichen Sitzungsdienstes gilt Vergleichbares. Die Staatsanwaltschaft nimmt im Bereich der Strafrechtspflege eine herausgehobene Aufgabe wahr und ist als Organ der Rechtspflege zur Objektivität verpflichtet. Das verlangt ebenfalls Neutralität gegenüber den Verfahrensbeteiligten.

Dies vorausgeschickt beantwortet die Niedersächsische Landesregierung die Fragen wie folgt:


1. Plant die Landesregierung ausschließlich ein Verbot muslimischer religiöser Symbole für Berufsrichterinnen, Schöffinnen, Staatsanwältinnen und Referendarinnen? Wenn ja, auf welcher verfassungsrechtlichen Grundlage?

Nein.


2. Plant die Landesregierung ausschließlich ein Verbot von religiösen Symbolen, die von Frauen getragen werden?

Nein.


3. Plant die Landesregierung ein Verbot des Tragens von Kreuzen, Kippas, Ordenstracht und Ähnlichem für Berufsrichterinnen und Berufsrichter, Schöffinnen und Schöffen, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sowie Referendarinnen und Referendare?

Auf die Vorbemerkung wird verwiesen.

Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
14.12.2017

Ansprechpartner/in:
Frau Marika Tödt

Nds. Justizministerium
Pressesprecherin
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Tel: 0511 / 120-5043
Fax: 0511 / 120-5181

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln