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100 Tage Bilanz von Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann

Seit dem 08.11.2022 ist Dr. Kathrin Wahlmann Niedersächsische Justizministerin. Nach 100 Tagen zieht sie eine positive Bilanz: „In meinem Amt als Niedersächsische Justizministerin bin ich sehr gut angekommen. Ich bin von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Hauses sehr herzlich und kollegial empfangen worden und freue mich auf die gemeinsame Arbeit in den kommenden fünf Jahren. Vor allem die Digitalisierung der Justiz steht ganz oben auf meiner Agenda. Aber es gibt noch viele weitere Themenbereiche, die ich angehen werde. Ich stehe für eine starke Justiz. Eine wehrhafte Demokratie ist Grundvoraussetzung für Gerechtigkeit. Die Justiz als dritte Staatsgewalt leistet hierfür einen unverzichtbaren Beitrag. Dass dies in den kommenden fünf Jahren in Niedersachsen so bleiben wird, dafür werde ich sorgen.“


I. Antrittsbesuche

Insbesondere der Beginn der ersten 100 Tage der neuen Niedersächsischen Justizministerin war durch eine Vielzahl von Antrittsbesuchen und -gesprächen geprägt. Neben dem Kennenlernen sämtlicher Abteilungen des Hauses trafen sich Ministerin und Staatssekretär sowohl mit den Leitungen der Mittelbehörden als auch mit denjenigen der Justizvollzugsanstalten, um über die aktuelle Situation und kommende Herausforderungen und gemeinsame Arbeitsschwerpunkte zu beraten.

Vor dem Hintergrund des Ziels, sämtliche Gerichte, Behörden und sonstige Einrichtungen der Niedersächsischen Justiz zu besuchen, um sich mit den Beschäftigten auszutauschen und einen unmittelbaren Eindruck der Situation vor Ort zu gewinnen, absolvierte die Justizministerin bereits Besuche der Oberlandesgerichte und der Generalstaatsanwaltschaften in Braunschweig, Celle und Oldenburg, des Ambulanten Justizsozialdienstes Niedersachsen und der Justizvollzugsanstalt Uelzen.


II. Digitalisierung

Eine der größten Herausforderungen der kommenden Jahre ist die Digitalisierung der Justiz. Mit dem Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte hat der Bund die Länder verpflichtet, bis zum 31.12.2025 sämtliche Akten bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften digital zu führen. Die Niedersächsische Justizministerin treibt diesen Prozess angesichts der damit verbundenen Chancen sowohl für die Justiz als auch für die Bürgerinnen und Bürger energisch voran.

Niedersachsen befindet sich dabei auf einem sehr guten Weg. Nach den im Rahmen von Pilotierungen bereits erfolgten Einführungen der elektronischen Akte an einzelnen Gerichten stehen im Jahr 2023 zahlreiche Rollouts an den Gerichten und einzelnen Staatsanwaltschaften an.


III. Strukturierter Parteivortrag im Zivilprozess

Seit wenigen Wochen wird ein von der Universität Regensburg gemeinsam mit den Justizministerien Niedersachsens und Bayerns durchgeführtes Forschungsprojekt „Strukturvorgaben für den Parteivortrag im Zivilprozess“ an den Landgerichten Hannover und Osnabrück erprobt.

Ziel des Projektes ist der effektivere Umgang mit häufig wiederkehrenden Sachverhalten in Massenverfahren wie etwa den Verfahren rund um den sogenannten Abgasskandal.


IV. Schaffung einer Rechtsgrundlage für die Beurteilung von Richterinnen und Richtern und Staatsanwältinnen und Staatsanwälten

Das Beurteilungswesen der in Niedersachsen beschäftigten Richterinnen und Richter und Staatsanwältinnen und Staatsanwälte ist in § 5 NRiG und der AV (Allgemeinverfügung) des Justizministeriums vom 04. Februar 2015 geregelt. Nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 07. Juli 2021 bestand gesetzgeberischer Handlungsbedarf. Ein entsprechender Änderungsantrag zur Änderung des Niedersächsischen Richtergesetzes wurde durch die Mehrheitsfraktionen eingebracht. Das Niedersächsische Justizministerium trägt damit gemeinsam mit den Mehrheitsfraktionen dafür Sorge, dass die notwendigen Rechtsgrundlagen schnell, voraussichtlich noch vor dem Sommer, geschaffen werden.


V. Prävention vor Extremismus im Schöffenamt

Das Schöffenamt ist ein herausragendes Ehrenamt. Die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter entscheiden gemeinsam mit den Berufsrichterinnen und -richtern und sind bei der Urteilfindung mit dem vollen Stimmrecht ausgestattet. Für eine wehrhafte Demokratie ist es daher unabdingbar, dass Schöffinnen und Schöffen für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einstehen und mit beiden Beinen fest auf dem Boden der Verfassung stehen. Dies trifft auf die übergroße Mehrheit der in Niedersachsen berufenen Schöffinnen und Schöffen zu. Das Niedersächsische Justizministerium hegt daher keine grundsätzlichen Zweifel an der Verfassungstreue der Schöffinnen und Schöffen und führt dementsprechend auch keine Regelabfrage beim Verfassungsschutz für Bewerberinnen und Bewerber auf das Schöffenamt durch. In Zukunft soll das Einverständnis der Bewerberinnen und Bewerber eingeholt werden, im Bedarfsfall einer Überprüfung durch den Verfassungsschutz zuzustimmen. Ziel einer solchen Einverständniserklärung soll es sein, gegebenenfalls zügig und unproblematisch eine Einschätzung des Verfassungsschutzes einzuholen



VI. Prävention und Bekämpfung von Geldautomatensprengungen

1. Aufforderung an Banken und Sparkassen zum besseren Schutz der Automaten

Die Niedersächsische Justizministerin setzt sich seit ihrer Amtsübernahme vehement für eine Verhinderung weiterer Sprengungen von Geldautomaten ein. Die Sprengung von Geldautomaten ist ein stark zunehmendes Kriminalitätsphänomen in Niedersachsen (und bundesweit), das nicht nur hohe Sachschäden verursacht, sondern zudem auch eine große Gefahr für die umliegende Bevölkerung sowie für Passantinnen und Passanten und den allgemeinen Straßenverkehr (infolge der Nutzung hochmotorisierter Fluchtfahrzeuge mit weit überhöhten Geschwindigkeiten von bis zu 300 km/h) darstellt. Die Fallzahlen steigen stetig an, alleine in Niedersachsen kam es im Jahr 2023 bislang zu 11 Sprengungen.

Angesichts der nahezu vollständigen Erledigung des Phänomens in den Niederlanden, seitdem dort weitgehend flächendeckend Verklebesysteme verbaut wurden, hat die Niedersächsische Justizministerin die hiesigen Banken und Sparkassen wiederholt nachdrücklich aufgefordert, ihre Geldautomaten deutlich besser zu sichern, um den Schutz der Bevölkerung zu gewährleisten. Für den Fall der andauernden Untätigkeit wird sie eine Bundesratsinitiative auf den Weg bringen, die entsprechende gesetzliche Verpflichtungen beinhalten wird.

2. Zentralstelle zur Bekämpfung von Geldautomatensprengungen

Darüber hinaus wurde zum 01.12.2022 eine neue Zentralstelle zur Bekämpfung von Geldautomatensprengungen bei der Staatsanwaltschaft Osnabrück eingerichtet. Diese Zentralstelle ist nunmehr landesweit zuständig für jeden neuen Fall eines gesprengten Geldautomaten. Diese Zentralisierung ist ein wichtiger Schritt, um Strukturen und Hintergründe dieser Taten zu erkennen.

Derzeit sind bei der Staatsanwaltschaft Osnabrück zwei Staatsanwälte mit der Bearbeitung sämtlicher Fälle der in Niedersachsen gesprengten Geldautomaten betraut. Angesichts der deutlich steigenden Fallzahlen ist eine personelle Aufstockung dringend erforderlich. Die kurzfristige Schaffung weiterer Stellen steht daher bevor.

VII. Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität im Internet

Die Anzahl der im Internet begangenen Straftaten nimmt weiter zu. In Zukunft muss daher verstärkt gegen „Hatespeech“ im Internet vorgegangen werden. Das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein, eine effektive Strafverfolgung von Hasskriminalität muss auch in Zukunft sichergestellt sein.

Angesichts der stetig wachsenden Zahl der Straftaten, wird die Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität in Göttingen personell verstärkt werden. Es muss sicherstellt sein, dass auch in Zukunft schnell und effektiv gehandelt wird.

VIII. Gesetz gegen digitale Gewalt im Internet

Neben der effektiven Strafverfolgung von zunehmender Hasskriminalität im Internet ist es ein wichtiges Anliegen der Niedersächsischen Justizministerin, auch die Rechte der Opfer derartiger Straftaten zu stärken.

Derzeit werden daher im Niedersächsischen Justizministerium die Eckpunkte eines Gesetzes gegen digitale Gewalt erarbeitet, die als Bundesratsinitiative in den Bundestag eingebracht werden. Mit dem Gesetz sollen Betroffene, die im Internet beleidigt, bedroht, gestalkt, verunglimpft oder verletzt werden, die Möglichkeit erhalten, schnell und unkompliziert die Löschung von Posts oder die Sperrung oder Löschung der Täter-Accounts beim Amtsgericht zu erwirken.

IX. Bekämpfung organisierter Kriminalität

Sowohl die Staatsanwaltschaft als Herrin des Ermittlungsverfahrens als auch die Polizei beschäftigen sich energisch und konsequent mit der Verhütung und Verfolgung von Straftaten aus dem Bereich der organisierten Kriminalität (OK); gleichermaßen sind die Strafgerichte mit der Urteilsfindung und der Justizvollzug mit der Vollstreckung der verhängten Strafen betraut.

Im Dezember 2022 hat die Niedersächsische Justizministerin gemeinsam mit dem Niedersächsischen Innenminister das sogenannte „Lagebild OK“ präsentiert. Dabei haben die Ministerin und der Minister insbesondere folgende Eckpunkte herausgestellt:

Die drängendsten Herausforderungen im Rahmen der organisierten Kriminalität sind die Geldautomatensprengungen, der organisierte Rauschgifthandel und -schmuggel sowie die organisierte Eigentums- und Wirtschaftskriminalität. Im Rahmen der Rauschgiftstraftaten konnten große Ermittlungserfolge durch die Dekodierung kryptierter Täterkommunikation erzielt werden. Zudem konnten Taterträge in zweistelliger Millionenhöhe eingezogen werden. In diesem Sinne sollen weiterhin verstärke Anstrengungen zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität unternommen werden.

X. Neubau von Haftplätzen

Die Belegungssituation der insgesamt 13 Justizvollzugsanstalten zeigt, dass die Kapazitäten im geschlossenen Vollzug nahezu ausgeschöpft sind. Derzeit fehlen in Niedersachsen ca. 100 Haftplätze. 20 Haftplätze werden jetzt zeitnah in der JVA Hannover errichtet, um die Auslastungsproblematik kurzfristig anzugehen. Die Errichtung weiterer Haftplätze soll ebenfalls zeitnah erfolgen.

XI. Bessere Therapiemöglichkeiten im Strafvollzug

Der niedersächsische Justizvollzug ist bereits seit vielen Jahren mit einer Zunahme des Anteils von Gefangenen mit psychischen Auffälligkeiten sowie massiven Suchtproblemen konfrontiert. Anstehende Änderungen des § 64 StGB (Unterbringung in einer Entziehungsanstalt) werden zudem zur Folge haben, dass suchtkranke Gefangene mit schlechten Behandlungsaussichten (z. B. wegen einer verringerten Ansprechbarkeit aufgrund einer gleichzeitigen psychischen oder psychiatrischen Erkrankung) seltener in den Maßregelvollzug eingewiesen, sondern verstärkt in den Justizvollzugsanstalten untergebracht werden.

Im Rahmen eines Modellprojektes wird zunächst an der JVA Sehnde eine spezialisierte Station mit Behandlungsschwerpunkt für Gefangene mit Doppeldiagnosen (Suchterkrankung plus psychische Erkrankung) errichtet werden. Nach einer Evaluierung soll dieses Modell auf weitere Anstalten übertragen werden.

XII. Justizvollzug schafft grünen Strom: Photovoltaikanlage an der JVA Uelzen

Im Januar 2023 hat die Niedersächsische Justizministerin gemeinsam mit dem Niedersächsischen Finanzminister eine große Flächenphotovoltaikanlage auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt Uelzen eingeweiht.

Die Justiz trägt damit zu dem Ziel der Landesregierung bei, alle öffentlichen Liegenschaften bis 2035 in der Gesamtbilanz klimaneutral zu bewirtschaften.

Die Installation von weiteren Photovoltaikanlage auf den Dächern von Justizgebäuden, insbesondere von Gerichten und Staatsanwaltschaften, soll in Zukunft weiter forciert werden. Hier werden bereits Gespräche mit den vor Ort ansässigen Energieunternehmen geführt, um die genauen Modalitäten zu klären und möglichst schnell in die Planung zu gehen.

XIII. Partnerschaft mit der Region Eastern Cape

Seit 1995 pflegen das Land Niedersachsen und die südafrikanische Provinz Eastern Cape partnerschaftliche Beziehungen, die sich durch vielseitige und zahlreiche Projekte sowie gegenseitige Besuche auszeichnen. Zu einem justiziellen Austausch war es jedoch bisher noch nicht gekommen.

Nunmehr hat im Dezember 2022 eine erste Delegationsreise hochrangiger Vertreterinnen und Vertreter der Region Eastern Cape nach Niedersachsen stattgefunden. Diese diente dazu, Chancen und Grenzen einer Übertragbarkeit niedersächsischer Strukturen der gesamtgesellschaftlichen Kriminalprävention nach Eastern Cape auszuloten und zudem Kontakte im Bereich der Strafrechtspflege mit Schwerpunkten in den Bereichen Jugendstrafvollzug und Prävention zu knüpfen.

Eine Erweiterung dieses gewinnbringenden Austausches ist in der konkreten Planung.

XIV. Zusätzliches Büro der Opferhilfe in Lingen/Ems

Die Opferhilfe hat in Niedersachsen zu Recht einen hohen Stellenwert. Es gehört zu den elementaren Aufgaben des Rechtsstaats, nicht nur Straftaten zu ahnden, sondern auch diejenigen Menschen im Blick zu haben, die durch Straftaten verletzt wurden.

Die Stiftung Opferhilfe setzt daher ganz wesentlich auf die Begleitung durch professionelle Opferhelferinnen und Opferhelfer. Sie sind das Fundament der Stiftung Opferhilfe und bieten eine unmittelbare Hilfe für die betroffenen Menschen.

Um auch den Menschen im flächenmäßig größten Landkreis Niedersachsens, dem Landkreis Emsland, im Bedarfsfall kurze Wege und schnelle Hilfe zu ermöglichen, hat die Niedersächsische Justizministerin als Vorsitzende der Stiftung Opferhilfe im Januar 2023 zusätzlich zu den bereits bestehenden 11 Opferhilfebüros ein neues Büro der Opferhilfe in Lingen/Ems eröffnet.

Schmuckgrafik   Bildrechte: MJ

Artikel-Informationen

erstellt am:
15.02.2023

Ansprechpartner/in:
Frau Verena Brinkmann

Nds. Justizministerium
Pressesprecherin
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Tel: 0511 / 120 5044

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