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Rede der Niedersächsischen Justizministerin Barbara Havliza zum „Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Rechts der richterlichen Mitbestimmung und zur Stärkung der Neutralität der Justiz“

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 10. September 2019, TOP 4


Es gilt das gesprochene Wort!


„Es ist mir eine Freude, Ihnen heute den Gesetzentwurf zur Anpassung des Rechts der richterlichen Mitbestimmung und zur Stärkung der Neutralität der Justiz vorstellen zu können.

Bereits im Jahr 2010 wurden die Regelungen des Richterdienstrechts an die Änderungen des Niedersächsischen Beamtenrechts angepasst und die Vorschriften über die richterliche Mitbestimmung mit dem Ziel einer Verbesserung der Beteiligungsrechte der Richtervertretungen grundlegend überarbeitet. Diese Regelungen wurden zwischenzeitlich einer umfassenden Evaluation unter Einbeziehung aller Gerichtsbarkeiten, der Generalstaatsanwaltschaften und der Richtervertretungen unterzogen. Der Ihnen nunmehr vorliegende Gesetzentwurf greift die Ergebnisse auf und stärkt die Beteiligungsrechte der Richter- und Staatsanwaltsvertretungen insbesondere vor dem Hintergrund der fortschreitenden Budgetierung in der Justiz. Dabei finden auch die Änderungen im Personalvertretungsrecht Berücksichtigung, soweit diese auf die Regelungen der Richtervertretungen übertragbar sind.

Zudem erhalten Richterinnen und Richter auf Lebenszeit erstmalig die Möglichkeit, von einem weiteren Teilzeitmodell – dem sogenannten Freijahr – Gebrauch zu machen. Dadurch erfolgt eine weitere Flexibilisierungsmöglichkeit der Dienstzeit und eine weitgehende Angleichung an die für Richterinnen und Richter nicht anwendbaren beamtenrechtlichen Vorschriften zum Freijahr in der Niedersächsischen Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten.

Darüber hinaus dient der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf mit der Regelung in § 31a NJG-E der Sicherung des Vertrauens sowohl der Verfahrensbeteiligten als auch der Öffentlichkeit in die religiöse, weltanschauliche und politische Neutralität der Justiz.

Bei der Wahrnehmung richterlicher oder staatsanwaltlicher Aufgaben in einer Verhandlung oder bei anderen Amtshandlungen in Anwesenheit justizfremder Dritter untersagt die Vorschrift das Tragen sämtlicher sichtbarer Symbole oder Kleidungsstücke, die eine religiöse, weltanschauliche oder politische Überzeugung zum Ausdruck bringen.

Die Justiz ist als dritte Gewalt in besonderer Weise zur Neutralität verpflichtet. Unser Grundgesetz verlangt, dass Richterinnen und Richter ihre Aufgaben in sachlicher und persönlicher Unabhängigkeit und Unparteilichkeit wahrnehmen. Zu den Kernpflichten der richterlichen Tätigkeit gehört es daher zweifellos, sowohl den Verfahrensbeteiligten als auch dem Gegenstand des Verfahrens mit der gebotenen Distanz und Sachlichkeit zu begegnen, und zwar aus der beurteilenden Sicht des rechtssuchenden Dritten bzw. Angeklagten.

Vor diesem Hintergrund müssen Richterinnen und Richter gegenüber den Verfahrensbeteiligten absolute Neutralität wahren. Dies ist zugleich ein Gebot der Rechtsstaatlichkeit. Gleiches gilt für die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, die im Bereich der Strafrechtspflege eine herausgehobene Aufgabe erfüllen, sowie für Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger sowie Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare, soweit diese ihnen übertragene richterliche oder staatsanwaltliche Aufgaben wahrnehmen.

Neutralität ist in erster Linie eine innere Haltung. Diese Haltung muss aber auch nach außen zum Ausdruck kommen. Schon der Anschein, die Art und Weise der Verfahrensführung oder der Inhalt einer Entscheidung könnte durch die religiöse, weltanschauliche oder politische Einstellung beeinflusst sein, führt sowohl bei den Verfahrensbeteiligten als auch in der Öffentlichkeit zu einem Vertrauens- und Akzeptanzverlust. Die zunehmende religiöse, weltanschauliche und politische Vielfalt der Gesellschaft ist für die Justiz Anlass, umso stärker auf die eigene Neutralität und deren Sichtbarkeit zu achten.

Ich freue mich auf die weiterführenden Diskussionen in den Ausschüssen und bitte um Ihre Zustimmung zu dem Entwurf.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!“



Artikel-Informationen

erstellt am:
10.09.2019

Ansprechpartner/in:
Herr Hans-Christian Rümke

Nds. Justizministerium
Stv. Pressesprecher
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Tel: 0511 / 120-5044

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