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Antwort auf die Mündliche Anfrage: „Wie bewertet die Landesregierung eine Verschärfung des Strafrechts zum Schutz der Polizistinnen und Polizisten?“

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 15. April 2016, Mündliche Anfrage Nr. 34


Die Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz beantwortet namens der Landesregierung die Mündliche Anfrage Nr. 34 der Abgeordneten Dr. Marco Genthe, Jan-Christoph Oetjen und Dr. Stefan Birkner (FDP):

Vorbemerkung der Abgeordneten

Der rundblick berichtete am 2. März 2016, dass der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) eine Verschärfung des Strafrechts forderte. Diese Forderung ist eine Reaktion auf die aktuellen bewaffneten Angriffe auf Polizeibeamte in Hannover.

Aus dem Bericht folgt, dass der Landesvorsitzende der GdP einen neuen Straftatbestand im Strafgesetzbuch (StGB) fordert. Danach sollen Übergriffe auf Beamte auch dann bestraft werden, wenn diese nicht verletzt wurden. Bisher würden nur solche Angriffe vom StGB erfasst, die während einer Vollstreckungssituation erfolgen.

Durch einen neuen Straftatbestand sollen auch unvermittelte Attacken auf Beamte mit einer Strafe bedroht werden. Die Notwendigkeit einer solchen Ergänzung des StGB würde sich aus der steigenden Anzahl an Übergriffen auf niedersächsischen Polizeibeamtinnen und -beamte ergeben, so der Vertreter der Gewerkschaft.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die GdP setzt sich dafür ein, dass jeder tätliche Angriff auf einen Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, während der Ausübung seines Dienstes oder in Beziehung auf seinen Dienst, mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft wird. Auch jede unvermittelte Attacke auf eingesetzte Polizeibeamtinnen oder Polizeibeamte im täglichen Dienst und Übergriffe ohne einen Bezug zur konkreten Vollstreckungshandlung sollen für den oder die Täter nicht folgenlos bleiben. Sie sollen als eine Straftat gegen die Staatsgewalt erfasst und deshalb auch deutlich strenger geahndet werden, als dies bisher der Fall ist.

Bereits im vergangenen Jahr lagen dem Bundesrat zwei Gesetzesinitiativen zur Beratung vor, die beide auf unterschiedliche rechtssystematische Weise das Ziel verfolgten, das strafrechtliche Schutzniveau bei gewalttätigen Übergriffen auf Polizeibeamte und Rettungskräfte sowie Justizbedienstete und Soldaten zu erhöhen. Wegen weiteren Beratungsbedarfs vertagten sowohl der BR-Rechtsausschuss in der 931. Sitzung am 27.05.2015 als auch der BR-Innenausschuss in der 943. Sitzung am 28.05.2015 die Vorlagen bis zum Wiederaufruf.

Die Landesregierung prüft laufend, wie Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten noch besser geschützt werden können. Sie begrüßt daher stets die entsprechenden Vorschläge. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass eine Zunahme von Gewaltdelikten (Roheits- und Körperverletzungsdelikte) gegenüber Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in Deutschland belegbar ist.

Fraglich und nur schwer zu prognostizieren ist aber, ob durch die Einführung neuer Straftatbestände tatsächlich ein besserer Schutz zu erreichen ist. Auch heute schon ist die körperliche Unversehrtheit von Amtsträgerinnen und Amtsträgern bei der Ausübung ihres Dienstes nach den für alle Bürgerinnen und Bürger geltenden Körperverletzungsdelikten der §§ 223 ff. StGB geschützt. Darüber hinaus kommen in den hier zu berücksichtigenden Fallkonstellationen auch Straftaten gegen die persönliche Freiheit, wie z.B. Nötigung § 240 StGB oder Bedrohung § 241 StGB in Betracht. Daneben wird in § 113 StGB der tätliche Angriff auf Vollstreckungsbeamte bei der Vornahme einer entsprechenden Diensthandlung unter Strafe gestellt. Im Jahr 2011 wurde zum verbesserten Schutz von Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten hier u.a. auch der Strafrahmen angehoben.

Die bereits bestehenden Straftatbestände haben eine Zunahme der Gewaltdelikte gegenüber Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten leider nicht verhindern können.

Es wird auch in rechtlicher Hinsicht laufend überprüft, welche Maßnahmen am wirkungsvollsten sind, um Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte vor Gewalt und Übergriffen zu schützen.

In strafrechtlicher Hinsicht ist zu prüfen, ob durch die zur Verfügung stehenden Regelungen der §§ 113, 185 ff., 223 ff. StGB bei konsequenter Anwendung und Ausschöpfung der gegebenen Sanktionsmöglichkeiten bereits ein ausreichender strafrechtlicher Schutz gewährleistet werden kann oder ob es hierfür einer weiteren Gesetzesänderung bedarf.Durch einen von den allgemeinen Strafvorschriften in §§ 223 ff und 240 ff. StGB abgesetzten eigenständigen strafrechtlichen Tatbestand könnte dem gegenüber Normalbürgerinnen oder Normalbürgern erhöhten Risiko der Amtsträgerinnen und Amtsträger, die nicht als individuelle Person, sondern in ihrer Funktion als Repräsentantin oder Repräsentant des staatlichen Gewaltmonopols angegriffen werden, Rechnung getragen werden.

Unabhängig von den strafrechtlichen Möglichkeiten kommt auch der persönlichen Schutzausstattung der Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten eine besondere Bedeutung zu. Das Ausstattungskonzept wird derzeit in Bezug auf die aktuelle Sicherheitslage hinsichtlich der passiven und aktiven Komponenten analysiert und angepasst.

Die Prüfung und Meinungsbildung insbesondere zu den oben aufgeworfenen Fragen ist noch nicht abgeschlossen.

1. Wie wertet die Landesregierung die Forderung der GdP?

Siehe Vorbemerkungen

2. Welche rechtlichen Hindernisse bestehen für die vorgeschlagene Änderung des StGB?

Siehe Vorbemerkungen

3. Wie hoch war die Anzahl der Angriffe auf Polizistinnen und Polizisten in den letzten drei Jahren (Aufschlüsslung nach den einzelnen Jahren)?

Siehe nachfolgende Übersicht

Gewalt gegen

Polizeivollzugsbeamte (PVB)

2013

2014

2015

Widerstand gegen Polizeivollzugsbeamte

(ohne Körperverletzung)

Fälle: 1.760

Aufklärungsquote

AQ: 99,20 %

Fälle: 1.584

AQ: 99,43 %

Fälle: 1.392

AQ: 98,85 %

Rohheitsdelikte

Fälle: 1.132

Fälle: 1.191

Fälle: 1.319

AQ: 88,43

AQ: 95,05

AQ: 96,21

Körperverletzung

Fälle: 886

Fälle: 934

Fälle: 1.081

AQ: 85,89

AQ: 94,43

AQ: 95,56

Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
15.04.2016

Ansprechpartner/in:
Herr Marco Hartrich

Nds. Justizministerium
Pressesprecher
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Tel: 0511 / 120 - 5162

www.mj.niedersachsen.de

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