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Antwort auf Mündliche Anfrage: „Gab es Informationsweiterleitungen aus dem niedersächsischen Behördenapparat im Fall Edathy?“

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 22. Januar 2015, Mündliche Anfrage Nr. 37


Die Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz beantwortet namens der Landesregierung die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Marco Genthe, Jörg Bode und Dr. Stefan Birkner (FDP):

Die Abgeordneten hatten gefragt:

Nach dem Auftritt von Sebastian Edathy vor der Bundespressekonferenz und vor dem nach ihm benannten Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages haben sich neue Anhaltspunkte im Ablauf des Informationsflusses während des Ermittlungsverfahrens ergeben.

Am 15. Oktober 2013 erging eine Mitteilung durch das BKA an die 16 LKAs der Bundesländer. Die Weiterleitung von Informationen an die jeweils zuständigen Polizeidirektionen in Niedersachen erfolgte am gleichen Tag durch das LKA. Sebastian Edathy (SPD) führt in seiner eidesstattlichen Versicherung aus, dass SPD-Abgeordnete des Deutschen Bundestages ihn bereits am 18. Oktober 2013 auf mögliche Problemlagen angesprochen hätten. Bekannt ist auch, dass der Bundesvorsitzende der SPD, Sigmar Gabriel, Mitte Oktober vom damaligen Bundesinnenminister über Ermittlungen gegen Sebastian Edathy informiert worden ist. Zeitnah wurden Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Thomas Oppermann (SPD) von Sigmar Gabriel (SPD) über diesen Sachverhalt ins Vertrauen gezogen. Mitte Oktober soll auch MdB Michael Hartmann (SPD) auf einer sicherheitspolitischen Tagung vom Ermittlungsverfahren gegen Sebastian Edathy erfahren haben. Am 21. Oktober 2013 erhielt die Generalstaatsanwaltschaft Celle eine Mitteilung bezüglich des vom BKA bearbeiteten Verfahrens gegen den Beschuldigten Sebastian Edathy.

Ab dem 23. Oktober 2013 haben die vierwöchigen Koalitionsverhandlungen zwischen der SPD und der Union auf Bundesebene unter Beteiligung von Stefan Weil (SPD-Landesvorsitzender Niedersachsen), Boris Pistorius und Olaf Lies begonnen. Am 31. Oktober unterrichtete dann die Generalstaatsanwaltschaft Celle die Oberstaatsanwaltschaft Hannover. Ende Oktober 2013 telefonierten Thomas Oppermann und BKA-Präsident Jörg Ziercke (SPD), um sich über den Ermittlungsstand im Fall Edathy auszutauschen. Am 8. November 2013 sprachen Thomas Oppermann und Sebastian Edathy über die „Karrierewünsche“ von Sebastian Edathy. Am 15. November 2013 hat Michael Hartmann Sebastian Edathy auf Ermittlungen gegen ihn aufmerksam gemacht. Die Erkenntnisse habe er aus „Sicherheitskreisen“, führte er aus, und Frank-Walter Steinmeier und Thomas Oppermann seien ebenfalls in Kenntnis dieser Sachlage. Jörg Ziercke soll laut der eidesstaatlichen Versicherung von Sebastian Edathy die Informationsquelle für Michael Hartmann gewesen sein. Zum Jahreswechsel 2013/2014 teilte Michael Hartmann Sebastian Edathy mit, dass seine Akte von der Generalstaatsanwaltschaft Celle zur Staatsanwaltschaft Hannover übermittelt worden sei. Am 25. Januar 2014 wurde Michael Hartmann dann durch den Büroleiter von Thomas Oppermann auf die Causa Edathy angesprochen. Sebastian Edathy führte im Untersuchungsausschuss dazu Folgendes aus: Ende Januar habe ihm (Edathy, Anmerkung der Fragesteller) Hartmann dann mitgeteilt, die Staatsanwaltschaft Hannover sei „wohl gewillt, alle Register zu ziehen“, also die Aufhebung seiner Abgeordnetenimmunität zu beantragen und Durchsuchungen vorzunehmen“ (http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse18/ua/kw51_pa_ua_edathy/345474).

Am 29. Januar 2014 wurde das niedersächsische Justizministerium telefonisch über das Verfahren und die weitere Absicht der Generalstaatsanwaltschaft Celle unterrichtet. Am 10. Februar 2014 soll das LKA „erstmals“ das zuständige Referat im Innenministerium unterrichtet haben. An diesem Tag erfolgten im Beisein der Presse auch Durchsuchungsmaßnahmen in Räumen von Sebastian Edathy. Bezüglich dieses Sachverhalts und weiterer Ungereimtheiten (z. B. geöffnete Briefe der Staatsanwaltschaft Hannover) im Fall Edathy sind weitere Ermittlungsverfahren anhängig.

Die Landesregierung führte ausweislich des Plenarprotokolls vom 27. Februar 2014 nachfolgende Chronologie der Kenntnisnahme der einzelnen Mitglieder der Landesregierung zur Aufnahme von strafrechtlichen Ermittlungen gegen Sebastian Edathy auf:

- Innenminister Boris Pistorius (SPD): Mitte Oktober 2013, Quelle: Polizeipräsident Kruse,

- Ministerpräsident Stephan Weil (SPD): 9. und 10. Februar 2014, Quellen: Regierungssprecherin Anke Pörksen (SPD), Justizstaatssekretär Scheibel/CdS Dr. Jörg Mielke (SPD),

- Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz (B90/Die Grünen): 29. Januar 2014, Quelle: Justiz-staatssekretär Scheibel. Details am 10. Februar aus einem Bericht der Generalstaatsanwaltschaft Celle.

Sämtliche weiteren Mitglieder der Niedersächsischen Landesregierung haben erstmals in der Folge des 10. Februar 2014 von den Vorgängen, die zur Aufnahme von strafrechtlichen Ermittlungen gegen den ehemaligen Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy führten, aus Medienberichten erfahren. Herr Minister Wenzel hat von den Vorgängen erstmals aus der Presse erfahren. Herr Minister Schneider hat - aus der Erinnerung heraus - von dem Vorgang erstmals am 11. Februar aus den Medien erfahren. Frau Ministerin Rundt hat - aus der Erinnerung heraus - von den Vorgängen erstmals am 10. oder 11. Februar aus der Presse erfahren. Frau Ministerin Heinen-Kljajić hat von den Vorgängen erstmals mit Beginn der Berichterstattung in den öffentlichen Medien erfahren. Frau Ministerin Heiligenstadt hat - aus ihrer Erinnerung heraus - von den Vorgängen erstmals am 11. Februar aus der Presse erfahren. Herr Minister Lies hat von den Vorgängen erstmals am 11. Februar 2014 aus der Presse erfahren. Herr Minister Meyer hat von den Vorgängen erstmals am 11. Februar 2014 aus der Presse erfahren

Wir fragen die Landesregierung:

1. Bleibt sie vor dem Hintergrund der oben aufgeführten Chronologie zu Gesprächen und zum Informationsfluss in Richtung Spitzenpolitiker der SPD (seit Mitte Oktober 2013), der eingeleiteten Ermittlungsverfahren, der ab dem 23. Oktober 2013 begonnenen vierwöchigen Koalitionsverhandlungen in Berlin unter Beteiligung des Ministerpräsidenten Weil und der Minister Lies und Pistorius dabei, dass die Regierungsmitglieder der SPD, mit Ausnahme des Innenministers, erst vage am 9. und konkreter am 10. und 11. Februar 2014 über die Aufnahme von strafrechtlichen Ermittlungen gegen den ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy aus der Presse erfahren haben sollen?

2. Wie bewertet die Landesregierung die eidesstattliche Aussage von Sebastian Edathy im Rahmen des 2. Untersuchungsausschusses im Bundestag, dass MdB Michael Hartmann (SPD) bereits Ende Januar 2014 - also fast zwei Wochen bevor die Räume von Edathy durchsucht worden sind - von der bevorstehenden Anordnung der Durchsuchung durch die Staatsanwaltschaft Hannover Kenntnis erlangt hat?

3. Welche rechtlichen Schritte und organisatorischen Folgen wird die Landesregierung aus dem Vorfall der Weitergabe von Informationen, beispielsweise auch des LKA-Abschlussberichtes an die Presse, bis hin zum Hauptbeschuldigten Sebastian Edathy ziehen?

Ministerin Niewisch-Lennartz beantwortet die Anfrage im Namen der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.

Die Landesregierung bleibt bei ihrer Antwort. Insoweit wird auf die in dem stenografischen Bericht der 30. Plenarsitzung vom 27. Februar 2014 zu TOP 13 (S. 2691 ff., 2706 ff.) protokollierten Angaben und die Antwort der Landesregierung vom 16.06.2014 (Drucksache 17/1642) auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Jens Nacke (CDU) „190 offene Fragen im Fall Edathy“ vom 12.05.2014 verwiesen.

Zu 2.

Sebastian Edathy ist Angeklagter in einem laufenden Strafverfahren und Zeuge in einem noch nicht abgeschlossenen Untersuchungsverfahren. Die Bewertung seiner Angaben obliegt dem Landgericht Verden und dem 2. Untersuchungsausschuss des 18. Deutschen Bundestages.

Zu 3.

Beamtinnen und Beamte, aber auch Angestellte des öffentlichen Dienstes treffen auf Grund des Dienstverhältnisses in besonderem Maße Verschwiegenheitspflichten, deren Verletzung straf- oder dienstrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. In sensiblen Verfahren wird der Kreis der beteiligten Personen dennoch seit jeher grundsätzlich so klein wie möglich gehalten. Sofern der Verdacht einer Indiskretion aufkommt, werden konsequent Ermittlungsverfahren eingeleitet und erforderlichenfalls auch disziplinarische Maßnahmen ergriffen. Soweit erforderlich werden dazu auch dienstliche Erklärungen eingeholt. Dies hat die Landesregierung auch im nachgefragten Fall getan. Dienstliche Erklärungen sind eingeholt worden. Darüber hinaus ist von der Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, das noch nicht endgültig abgeschlossen ist. Die dienstlichen Erklärungen sind von der Staatsanwaltschaft beigezogen worden.

Etwaige weitere straf- und/oder dienstrechtliche Schritte sind vom Ergebnis der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen abhängig.

Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
22.01.2015

Ansprechpartner/in:
Herr Alexander Wiemerslage

Nds. Justizministerium
Pressesprecher
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Tel: 0511 / 120 - 5044
Fax: 0511 / 120 - 5181

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