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Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz beantwortet die Mündliche Anfrage „Resozialisierung im Justizvollzug“

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 27.06.2014, Mündliche Anfrage Nr. 60


Die Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz beantwortet namens der Landesregierung die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Marco Genthe und Dr. Stefan Birkner (FDP)

Die Abgeordneten hatten gefragt:

Während des Vollzuges einer Freiheitsstrafe sollen die Gefangenen befähigt werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen. Ein geregeltes Arbeitsleben und eine berufliche Ausbildung in der Haftzeit sind wesentliche Grundlage für eine erfolgreiche Vorbereitung auf das Leben nach der Entlassung. Diese Ziele können u. a. nur erreicht werden, wenn im Justizvollzug genügend Arbeitsangebote sowie ausreichend Handwerksmeister vorhanden sind.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wie viele Arbeitsplätze gibt es in den Justizvollzugsanstalten, und wie hoch ist die Anzahl der Inhaftierten, die eine Tätigkeit während der Haftzeit aufnehmen, sowie die Zahl derjenigen, die „unverschuldet arbeitslos“ bleiben?

2. Wie viele Handwerksmeister sind in den Justizvollzugsanstalten beschäftigt und wie hoch ist der jeweilige Stellenschlüssel?

3. Welche Maßnahmen sind nach Ansicht der Landesregierung geeignet, sowohl die Motivation der Inhaftierten, eine Tätigkeit aufzunehmen, als auch die Attraktivität des Berufes des Handwerksmeisters innerhalb einer Justizvollzugsanstalt zu steigern?

Ministerin Niewisch-Lennartz beantwortet die Anfrage im Namen der Landesregierung wie folgt:

Zu 1:

Für die Beantwortung der Frage sind die Durchschnittszahlen des Monats April 2014 aus dem Controlling herangezogen worden. Von einer Stichtagserhebung wurde wegen des unverhältnismäßig hohen Aufwandes und der Kürze des Bearbeitungszeitraumes abgesehen.

Im April 2014 waren in den Justizvollzugsanstalten des Landes durchschnittlich 4.260 Arbeitsplätze für Gefangene eingerichtet. Von den durchschnittlich 4.915 Inhaftierten waren rd. 3.820 beschäftigt, was einer Beschäftigungsquote von 77,73 % entspricht.

Über die Anzahl der „unverschuldet arbeitslosen“ Gefangenen liegen keine Daten vor. In der Gruppe der Nichtbeschäftigten befinden sich auch Inhaftierte, die nicht zur Arbeit verpflichtet sind, weil sie beispielsweise die Altersgrenze erreicht haben oder arbeitsunfähig erkrankt sind, ferner Gefangene, denen im Rahmen des Aufnahmeverfahrens oder aus Sicherheitsgründen keine Arbeit zugewiesen werden konnte und solche, die die Arbeitsaufnahme verweigern. Das Angebot und die Anzahl der eingerichteten Arbeitsplätze ist ausreichend, um alle arbeitswilligen und arbeitsfähigen Inhaftierten zur Arbeit einsetzen zu können.

Zu 2:

Der Stellenplan des Kapitels 11 05 weist für die Beamtinnen und Beamten der Laufbahn der Fachrichtung Technische Dienste (früherer mittlerer Werkdienst) im Haushaltsjahr 2014 insgesamt 113 Planstellen aus, davon 11 der Besoldungsgruppe A 9 mit Amtszulage, 21 der Besoldungsgruppe A 9, 54 der Besoldungsgruppe A 8 und 22 der Besoldungsgruppe A 7 sowie 5 Planstellen in der Laufbahngruppe 2 für den Praxisaufstieg. Mit dieser Besoldungsstruktur sind die nach § 3 Abs. 1 Stellenobergrenzenverordnung (StOGrVO) geltenden Obergrenzen ausgeschöpft.

Auf den Planstellen des Praxisaufstiegs können befähigte und leistungsstarke Beamtinnen und Beamte der Fachrichtung Technische Dienste gem. § 34 NLVO bis zur Besoldungsgruppe A 11 befördert werden.

Insgesamt sind diese Stellen gegenwärtig (Stichtag 20.06.2014) mit 89 Handwerksmeisterinnen und Handwerksmeistern im Beamtenverhältnis besetzt. Weitere 13 Handwerksmeisterinnen und Handwerksmeister sind als Tarifbeschäftigte tätig. Im Übrigen sind Beschäftigte eingestellt, die über einen gleichwertigen Bildungsstand im Technischen Dienst verfügen.

Neben den Beamtinnen und Beamten der Fachrichtung Technische Dienste werden insbesondere für eine Beaufsichtigung und fachliche Anleitung der Inhaftierten in Unternehmerbetrieben nach Bedarf weitere Bedienstete der Laufbahngruppe 1 der Fachrichtung Justiz eingesetzt.

Zu 3:

Die Gefangenenbeschäftigung wird weitestgehend innerhalb des Landesbetriebes „Justizvollzugsarbeitsverwaltung“ abgebildet. Der Landesbetrieb schafft durch Einrichtung von Arbeitsplätzen die Grundlagen für die Beschäftigung von Inhaftierten. In einem kontinuierlichen Prozess werden die Rahmen- und Arbeitsbedingungen in den Arbeits- und Ausbildungsbetrieben den ständig wachsenden Anforderungen entsprechend verbessert.

In den Behandlungsuntersuchungen und Vollzugsplanungen (§ 9 NJVollzG) werden die Fähigkeiten und Bedarfe der Gefangenen ermittelt und der Arbeitseinsatz bzw. die Maßnahmen der schulischen oder beruflichen Aus- und Weiterbildung konkretisiert. Unter Berücksichtigung der Fertigkeiten und Neigungen erfolgt im Anschluss daran eine individuelle Zuweisung zu den Beschäftigungsmöglichkeiten, die ein breites Einsatzspektrum vom Einsatz in arbeitstherapeutischen Betrieben über Tätigkeiten in reinen Produktionsbetrieben oder den hauseigenen Versorgungsbetrieben (z.B. Küche, Bäckerei etc.) bis hin zu Qualifizierungsmaßnahmen in Schulangeboten oder Ausbildungsbetrieben aufweisen. Im offenen Vollzug haben die Gefangenen darüber hinaus die Möglichkeit, ihren Arbeitsplatz aufrechtzuerhalten oder ein neues Arbeitsverhältnis zu begründen.

Das Vollzugspersonal arbeitet während der gesamten Inhaftierung kontinuierlich daran, die vorgesehenen Vollzugsplanungen umzusetzen und die Inhaftierten für die Teilnahme an Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen bzw. zu einem beständigen Arbeitseinsatz zu motivieren.

Die Planstellen der Fachrichtung Technische Dienste können im Falle des Freiwerdens regelmäßig ohne längere Vakanzen zunächst durch Neueinstellungen von tarifbeschäftigten Handwerksmeisterinnen und Handwerksmeistern wieder besetzt werden. Diese Bediensteten werden nach Vorlage der persönlichen Voraussetzungen in das Beamtenverhältnis übernommen und schätzen u.a. den sicheren Arbeitsplatz im öffentlichen Dienst.

Die Handwerksmeisterinnen und Handwerksmeister sind überwiegend als Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter in den Eigen- und Unternehmerbetrieben eingesetzt. Ihnen wird ein hohes Maß an Eigenverantwortung zugestanden, was sich in einer hohen Motivation und Identifikation für „ihren Betrieb“ und den damit verbundenen Einsatzfeldern widerspiegelt.

Presseinformation

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erstellt am:
30.06.2014

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