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Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz beantwortet die Mündliche Anfrage: „Haftzellenkontrollen in Justizvollzugsanstalten in Niedersachsen“

Die Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz beantwortet namens der Landesregierung die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Marco Genthe und Dr. Stefan Birkner (FDP)

Die Abgeordneten hatten gefragt:

Um die Sicherheit der Justizvollzugsbeamten und aller Insassen zu gewährleisten, werden regelmäßig mithilfe von speziell ausgebildeten Rauschgiftspürhunden Zellenkontrollen vorgenommen.

Das Spektrum der gefundenen Gegenstände ist vielfältig. Es werden neben Handys, Pfeifen, Alkohol, rezeptpflichtigen Medikamenten, Drogen, Tattoo-Geräten oder Bargeld auch Messer, Klingen, Schlagringe, Baseballschläger und selbst gebaute Werkzeuge sichergestellt.

Kontrollbereiche sind hierbei nicht nur die Zellen, sondern auch Hafträume zum Aufenthalt, Werkstätten und Außenanlagen. Manches wird mithilfe von Drittpersonen schlicht über die Gefängnismauer geworfen.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wie oft wurden und welche gefährlichen Gegenstände bzw. Drogen im Jahr 2013 in den niedersächsischen Justizvollzugsanstalten gefunden?

2. Welche Mittel stehen der Landesregierung zur Verfügung, um die Justizvollzugsbeamten vor Übergriffen mit derartigen Gegenständen zu schützen und einen sicheren Arbeitsalltag der Beamten gewährleisten zu können?

3. Welche Maßnahmen wird die Landesregierung ergreifen, um die Zahl der verbotenen Gegenstände in niedersächsischen Gefängnissen rückläufig zu gestalten und die Einfuhr eben solcher Gegenständen von außerhalb der Haftanstalten zu unterbinden?

Ministerin Niewisch-Lennartz beantwortet die Anfrage im Namen der Landesregierung wie folgt:

Zu 1:

Im Jahr 2013 wurden in niedersächsischen Justizvollzugseinrichtungen insgesamt 357 Sicherstellungen von Betäubungsmitteln registriert. Die Anzahl der Funde kann konkret mitgeteilt werden, da alle Funde bei den örtlichen Polizeidienststellen angezeigt und daher dokumentiert werden. Anders verhält es sich bei der Sicherstellung von „gefährlichen Gegenständen“. Ob es sich um einen gefährlichen Gegenstand handelt, ist jeweils im Einzelfall zu bewerten. Maßgeblich sind dabei die potentiellen Gefahren des Gegenstandes in Bezug auf Persönlichkeit, Verhalten und Gefährlichkeit des Gefan¬genen. Die Beurteilung, ob ein Gegenstand gefährlich ist, steht auch in Zusammenhang mit dem Sicherheitsstandard der jeweiligen Abteilung. Während z. B. ein Glasbehälter im Normalvollzug genehmigt wird, wird er auf einer Sicherheitsstation wegen der Möglichkeit zur Scherbenbildung als gefährlicher Gegenstand bewertet und nicht zugelassen.

Eine Dokumentation entsprechender Gegenstände erfolgt in der Regel nur in der Gefangenenpersonalakte. Eine landesweite Übersicht gibt es nicht.

Zu 2:

Die innere Sicherheit einer Anstalt wird u.a. gewährleistet durch den Einsatz technischer Hilfsmittel wie Handsonden, Gepäckdurchleuchtungsgeräten, Metalldetektorrahmen und Kameras. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten ein personen¬zugeordnetes Personennotrufgerät, sobald sie sich im inneren Sicherheitsbereich einer Anstalt des geschlossenen Vollzuges aufhalten. Dieses ist regelmäßig mit einer Reißleine sowie der Möglichkeit, einen stummen Alarm abzugeben, ausgestattet. Somit sind im Falle eines Alarms sofortige Ortung und rasche Hilfe durch andere Bedienstete gewährleistet.

Das berufsbegleitende Training zur Konfliktbewältigung und Selbstverteidigung (BKS) umfasst ein situationsbezogenes Verhaltens- und Kommunikationstraining sowie Techniken zur Selbstverteidigung. Ziel ist, dass die Bediensteten in Konfliktsituationen Deeskalationstechniken beherrschen. Darüber hinaus werden sie befähigt, Angriffe abzu-wehren und entsprechend ihren körperlichen Möglichkeiten unmittelbaren Zwang verhältnismäßig anzuwenden.

Die Bediensteten der Laufbahngruppe 1,2. Einstiegsamt (ehemals mittlerer Dienst) der Fachrichtung Justiz im Justizvollzug sind verpflichtet, an dem Training teilzunehmen. Den Bediensteten anderer Laufbahnen ist die Teilnahme freigestellt.

Das Training umfasst in der Regel mindestens 15 Zeitstunden im Jahr.

In den niedersächsischen Justizvollzugseinrichtungen ist das Reizstoffsprühgerät (RSG) als Hilfsmittel des unmittelbaren Zwanges zugelassen. Darüber hinaus werden auf freiwilliger Basis besonders geeignete Bedienstete im Umgang mit dem Einsatzmehrzweckstock und der Distanzstange ausgebildet.

Die Justizvollzugseinrichtungen verfügen über ein umfassendes Kontrollsystem und Sicherheitscontrolling. Beispielhaft sind zu nennen:

- Besucher von Gefangenen werden vor dem Besuch kontrolliert. Die Kontrolle beschränkt sich im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten auf das Durchschreiten eines Metalldetektorrahmens und auf das Abtasten der Besucher.

- Die Besuchsräume sind kameraüberwacht, um eine Übergabe verbotener Gegenstände oder von Suchtmitteln frühzeitig zu erkennen.

- Gefangene, die aus Vollzugslockerungen in die Justizvollzugseinrichtung zurückkehren, sind bei Betreten der Anstalt umzukleiden, zu durchsuchen und abzusonden. Mitgeführte Gegenstände sind ebenfalls zu durchsuchen und abzusonden. Die abge¬legte Privatkleidung darf den Gefangenen erst nach gründlicher Durchsicht wieder ausgehändigt werden.

- Ein- und ausgehende Briefe an oder von Gefangenen werden einer Sichtkontrolle unterzogen.

- Alle Hafträume der Justizvollzugseinrichtungen werden mindestens einmal monatlich kontrolliert. Andere Räume werden ebenfalls kontrolliert. Darüber hinaus werden stichprobenartig sogenannte Haftraumrevisionen durchgeführt. Diese gehen in ihrem Umfang über eine Haftraumkontrolle hinaus.

- Für das Aufspüren von Betäubungsmitteln werden die Bediensteten landesweit von insgesamt 16 Rauschgiftspürhunden und entsprechend ausgebildeten Hundeführerinnen und Hundeführern unterstützt.

- Es sind feste Kontrollpunkte zur Durchsuchung der zur Arbeit gehenden und von der Arbeit in die Unterkunftshäuser zurückkehrenden Gefangenen sowie der zum Besuch gehenden und vom Besuch zurückkehrenden Gefangenen eingerichtet.

- Der Besondere Sicherheitsdienst revidiert mindestens viermal im Jahr Anstalten oder Abteilungen des Justizvollzuges.

Zu 3:

Durch engmaschige Kontrollen werden verbotene Gegenstände regelmäßig zeitnah gefunden, vernichtet oder zur Habe der Gefangenen gegeben. Die Anzahl tätlicher Angriffe auf Bedienstete konnte von 20 Angriffen im Jahr 2012 auf 12 Angriffe im Jahr 2013 reduziert werden. Zu Jahresbeginn wurden erstmalig zwei Rauschgiftspürhunde auf das Aufspüren von Mobilfunktelefonen konditioniert. Nach einem Testlauf von einem Jahr werden, bei guten Erfahrungen, weitere Hunde entsprechend ausgebildet.

Presseinformation

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erstellt am:
30.06.2014

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