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Antwort der Niedersächsischen Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz auf die Dringliche Anfrage der Fraktion der CDU:

“Wie ist der aktuelle Stand der genehmigungs- und strafrechtlichen Aufarbeitung des Explosionsunglücks auf dem Gelände der Firma Organo Fluid in Ritterhude am 9. September 2014?“


139. Sitzung des Nds. Landtages am 21. September 2017, Dringliche Anfrage c)


Es gilt das gesprochene Wort!

„Am Abend des 09.09.2014 kam es auf dem Grundstück der Organo Fluid Dr. Koczott GmbH in Ritterhude zu einer Explosion mit anschließendem Feuer. Im Verlauf dieses Ereignisses erlag tragischerweise ein Mitarbeiter der Gesellschaft seinen bei der Explosion erlittenen schweren Verletzungen. Das Betriebsgebäude sowie weite Bereiche auf dem Firmengelände wurden zerstört und zahlreiche anliegende Gebäude - unter anderem acht Wohnhäuser - unbewohnbar. Es entstand Sachschaden im zweistelligen Millionenbereich.

Die Staatsanwaltschaft Verden führt zuständigkeitshalber die Ermittlungen, die sich aufwendig und umfangreich gestalten. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass einerseits viele Unterlagen des Unternehmens durch das Explosionsunglück zerstört wurden und andererseits im erheblichen Umfang technisches Fachwissen erforderlich ist.

Die Staatsanwaltschaft holte deshalb zu den Ursachen der Explosion ein Gutachten des Landeskriminalamtes Niedersachsen unddas eines externen Instituts ein.

Die Ermittlungen werden wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung geführt. Das Ermittlungsverfahren richtet sich gegen den Inhaber der Organo Fluid Dr. Koczott GmbH und zwei weitere Mitarbeiter der Gesellschaft sowie die seinerzeitige Sachbearbeiterin des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamts Cuxhaven. Gegen die drei Erstgenannten wird auch wegen des Vorwurfs des unerlaubten Betreibens einer Anlage strafrechtlich ermittelt.

Aus diesem Grund hat die Staatsanwaltschaft auch ein Gutachten zur Beurteilung des praktizierten Anlagebetriebs und der relevanten genehmigungsrechtlichen Fragestellungen eingeholt. Sie erteilte im Februar 2016 einen entsprechenden Gutachtenauftrag an eine externe Gesellschaft für Explosionsschutz und Anlagensicherheit als Sachverständige. Die Endfassung des Gutachtens wurde am 23.08.2017 von der Sachverständigen vorgelegt.

Derzeit wertet die Staatsanwaltschaft Verden das umfangreiche Gutachten aus, hat jedoch bereits nach der ersten Sichtung die Sachverständige um die Erstattung eines Ergänzungsgutachtens bitten müssen. Dieses liegt noch nicht vor.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Dringliche Anfrage im Namen der Landesregierung wie folgt:

Zu 1:

Gegenwärtig besteht kein Anlass für eine Korrektur oder Neubewertung des durch Herrn Umweltminister Wenzel am 11.05.2015 vorgestellten Berichts der Koordinierungsgruppe für die Aufarbeitung des Explosionsunglücks in Ritterhude. Die Auswertung des Gutachtens vom 23.08.2017 sowie des Ergänzungsgutachtens obliegt allein der Auftraggeberin - der Staatsanwaltschaft Verden. Wie bereits ausgeführt, ist diese noch nicht abgeschlossen. Die Staatsanwaltschaft muss außerdem das Gutachten vom 23.08.2017 und das noch eingehende Ergänzungsgutachten mit den restlichen Aktenbestandteilen, insbesondere mit den bereits vorliegenden zwei Gutachten abgleichen, auf Schlüssigkeit prüfen und zu einer abschließenden Bewertung in rechtlicher wie tatsächlicher Hinsicht gelangen. Die Landesregierung kann und darf dieser Auswertung nicht vorgreifen.

Zu 2:

Zum Explosionszeitpunkt befanden sich auf dem Gelände der Organo Fluid Dr. Koczott GmbH eine Lösemittelregenerationsanlage sowie eine Feuerungsanlage. Bei beiden Anlagen handelt es sich nach den Bestimmungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes um genehmigungspflichtige Anlagen. Die Zuständigkeit für die Erteilung entsprechender Genehmigungen richtet sich nach der Niedersächsischen Verordnung über Zuständigkeiten auf den Gebieten des Arbeitsschutz-, Immissionsschutz-, Sprengstoff-, Gentechnik- und Strahlenschutzrechtes sowie in anderen Rechtsgebieten. Danach ist das Gewerbeaufsichtsamt zuständig, wenn es insbesondere um die Genehmigung der Errichtung, des Betriebes und der wesentlichen Änderungen einer Anlage geht, die im Anhang der Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes genannt ist. Bei den von der Organo Fluid Dr. Koczott GmbH betriebenen Anlagen handelte es sich um eine solche.

Der Landkreis ist in solchen Fällen aufgrund der Konzentrationswirkung des § 13 Bundes-Immissionsschutzgesetz für Entscheidungen nicht zuständig. Aus diesem Grund richtet sich das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Verden auch nicht gegen aktuelle oder frühere Amtsträger des Landkreises Osterholz.

Zu 3:

Das Niedersächsische Justizministerium hat dem Chef der Niedersächsischen Staatskanzlei keine Berichte zur Kenntnis gegeben. Unmittelbare Berichte der ermittlungsführenden Staatsanwaltschaft Verden oder der dieser vorgesetzten Generalstaatsanwaltschaft Celle an den Chef der Niedersächsischen Staatskanzlei hat es im Zusammenhang mit dem Explosionsgeschehen in Ritterhude ebenfalls nicht gegeben."
Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
21.09.2017

Ansprechpartner/in:
Herr Dr. Ehsan Kangarani

Nds. Justizministerium
Referent für Öffentlichkeits- und Pressearbeit
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Tel: 0511 / 120-5077
Fax: 0511 / 120-5181

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