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Antwort auf die Mündliche Anfrage: „Wird die Staatsanwaltschaft Hannover durch Generalstaatsanwalt Dr. Lüttig gegen ihren Willen zu Ermittlungen gegen Dr. Brandt (CIMA) gezwungen?“

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 21. September 2017, Mündliche Anfrage Nr. 3


Die Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz beantwortet namens der Landesregierung die Mündliche Anfrage Nr. 3 des Abgeordneten Grant Hendrik Tonne (SPD):

Vorbemerkung des Abgeordneten

Die NWZ berichtete am 12. September 2017 unter der Überschrift „Vergabe-Affären - Geheimstudie aus dem Jahr 2012 wirft viele Fragen auf - Ära von McAllister“ Folgendes:

„Befragt wird auch ein Unternehmer aus Hannover, der von einem Ministeriumsauftrag profitierte. Gegen den früheren SPD-Funktionär laufen staatsanwaltliche Ermittlungen. Der Zeuge wird daher dem Vernehmen nach von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen, weil er sich selbst belasten könnte.

Zugleich kursieren Spekulationen, ob die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hannover gegen den Unternehmer auf Druck in Gang gesetzt wurden. Wurden Staatsanwälte ‚einbestellt‘? Obwohl der Streit um die Vergabe von eher lokalem Interesse erscheint, ist auch der Celler Generalstaatsanwalt Frank Lüttig involviert. Lüttig ist durch seine Beteiligung an den Ermittlungen gegen Ex-Bundespräsident Christian Wulff wegen angeblicher Bestechlichkeit und gegen Sebastian Edathy (SPD) wegen Kinderpornografie bekannt geworden. Gegen Lüttig wurde erfolglos wegen Geheimnisverrat ermittelt.

Spielen politische Aspekte eine Rolle etwa auch beim aktuellen Handeln der Justiz? Gab Lüttig etwa eine Anweisung? Erste Ausschussmitglieder drängen auf Aufklärung.“

Die NOZ berichtete am selben Tag unter der Überschrift „Stritten Staatsanwälte um Vergabeaffäre?“ Entsprechendes:

„Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hannover wegen einer Auftragsvergabe des Sozialministeriums waren anscheinend unter Landesjuristen umstritten. Nach Informationen unserer Redaktion hatte der Celler Generalstaatsanwalt Frank Lüttig die zuständigen Staatsanwälte aus Hannover einbestellt, weil diese zunächst nicht ermitteln wollten.

Sowohl die Strafverfolger in Hannover als auch in Celle wollten die Informationen gegenüber unserer Redaktion mit Verweis auf ‚innerdienstliche Vorgänge‘ weder bestätigen noch dementieren. Die Staatsanwaltschaft Hannover erklärte lediglich, dass sowohl die Behörde in Celle als auch das Justizministerium bei den Ermittlungen zur Vergabeaffäre eingebunden sind.“

Deutschlandfunk führte zur Person Dr. Lüttig in einem Artikel am 20. Februar 2015 aus:

„Er ist seit 2012 Generalstaatsanwalt in Celle. Vorher war er Staatsanwalt in Hannover und zeitweilig Ministerialrat im Justizministerium unter dem damaligen Ressortchef Bernd Busemann - ebenso wie Lüttig ein CDU-Mitglied.“

1. Hat - und wenn ja, auf welche Art und Weise - die Generalstaatsanwaltschaft/Generalstaatsanwalt Dr. Lüttig auf die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen Dr. Arno Brandt hingewirkt?

Der Leitende Oberstaatsanwalt S. von der Generalstaatsanwaltschaft Celle wies die Staatsanwaltschaft Hannover mit eMail vom 28.08.2017 auf einen Artikel im Rundblick Nr. 147 hin, ausweislich dessen die Sozialministerin Einfluss auf eine Auftragsvergabe an das Institut CIMA genommen haben soll. Er bat die Staatsanwaltschaft um Mitteilung, ob ein Anfangsverdacht wegen einer etwaigen Straftat geprüft werde. Die Staatsanwaltschaft teilte daraufhin mit Bericht vom 29.08.2017 mit, dass nach ihrer Auffassung ein Anfangsverdacht für ein strafbares Verhalten nicht gegeben sei. Sie habe von der Einleitung von Ermittlungen abgesehen, weil die bekannten Presseveröffentlichungen die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nicht rechtfertigten. Sie werde den Sachverhalt aber weiter im Blick behalten und habe deshalb einen Beobachtungsvorgang angelegt.

Nach Eingang des Berichts vom 29.08.2017 bat Herr Generalstaatsanwalt Dr. Lüttig den Herrn Leitenden Oberstaatsanwalt S., eine rechtliche Bewertung hinsichtlich eines möglichen Anfangsverdachts vorzunehmen. Dieser teilte Herrn Dr. Lüttig daraufhin seine Einschätzung mit, dass die Voraussetzungen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens vorlägen. Herr Dr. Lüttig nahm nunmehr Kontakt mit dem Behördenleiter der Staatsanwaltschaft Hannover auf und bat ihn um ein Gespräch am Morgen des folgenden Tages.

Am 30.08.2017 kam es in den Räumen der Generalstaatsanwaltschaft Celle zu einer Besprechung, an der von der Generalstaatsanwaltschaft sowohl Generalstaatsanwalt Dr. Lüttig als auch der Leitende Oberstaatsanwalt S. teilnahmen. Von der Staatsanwaltschaft Hannover waren neben dem Leitenden Oberstaatsanwalt der zuständige Abteilungsleiter sowie der zuständige Dezernent anwesend. Die Staatsanwaltschaft Hannover blieb bei der Auffassung, dass sie die Voraussetzungen eines Anfangsverdachts für nicht gegeben erachte.

Später erörterte der Leitende Oberstaatsanwalt S. die in der Besprechung zum Ausdruck gekommenen unterschiedlichen Auffassungen mit weiteren Mitarbeitern der Abteilung III/Zentrale Stelle Organisierte Kriminalität und Korruption. Das Ergebnis dieser Erörterung, dass ein Anfangsverdacht zu bejahen sei, trug der Leitende Oberstaatsanwalt S. sodann am 30.08.2017 Herrn Generalstaatsanwalt Dr. Lüttig vor, der daraufhin entschied, die Staatsanwaltschaft anzuweisen, die Ermittlungen aufzunehmen.

In Umsetzung dieser Entscheidung formulierte der Leitende Oberstaatsanwalt S. am Folgetag, dem 31.08.2017, unter Berücksichtigung eines weiteren Artikels des Rundblicks ein an den Leiter der Staatsanwaltschaft Hannover gerichtetes Schreiben. Da Herr Dr. Lüttig am 31.08.2017 aus dienstlichen Gründen nicht im Hause war, unterzeichnete der Leitende Oberstaatsanwalt S. das Schreiben vom 31.08.2017 in dessen Vertretung selbst und leitete es Herrn Dr. Lüttig anschließend zur Kenntnisnahme zu. Herr Dr. Lüttig zeichnete das Schreiben am 01.09.2017 als „gesehen“ ab.

2. Entsprach die Entscheidung, Ermittlungen gegen Dr. Brandt einzuleiten, der ursprünglichen eigenen rechtlichen Auffassung der Staatsanwaltschaft Hannover, oder wurde die Aufnahme der Ermittlungen erst durch Intervention der Generalstaatsanwaltschaft/des Generalstaatsanwalts Dr. Lüttig bewirkt?

Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen.

3. Mit welcher Begründung wollte die Staatsanwaltschaft Hannover wie über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen Dr. Brandt entscheiden, wenn es keine Einwirkung der Generalstaatsanwaltschaft/des Generalstaatsanwalts Dr. Lüttig gegeben hätte?

Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen.


Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
21.09.2017

Ansprechpartner/in:
Herr Dr. Ehsan Kangarani

Nds. Justizministerium
Referent für Öffentlichkeits- und Pressearbeit
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Tel: 0511 / 120-5077
Fax: 0511 / 120-5181

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