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Antwort auf die Mündliche Anfrage: „Entwicklung der Zahlen im Maßregelvollzug (Teil 2)“

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 10. Juni 2016, Mündliche Anfrage Nr. 41


Die Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz beantwortet namens der Landesregierung die Mündliche Anfrage Nr. 41 der Abgeordneten Dr. Marco Genthe, Sylvia Bruns, Almuth von Below-Neufeldt, Björn Försterling, Christian Dürr und Dr. Stefan Birkner (FDP):

Vorbemerkung der Abgeordneten

Im Maßregelvollzug werden nach §§ 63 und 64 des deutschen Strafgesetzbuches unter bestimmten Umständen psychisch kranke oder suchtkranke Straftäter entsprechend den Maßregeln der Besserung und Sicherung untergebracht.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die Entscheidung, ob eine Person nach § 63 des Strafgesetzbuches (StGB) in einem psychiatrischen Krankenhaus oder nach § 64 StGB in einer Entziehungsanstalt untergebracht wird, trifft das Gericht. Die Anordnung einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ergeht nach § 64 Satz 2 StGB nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen. Anders als die Unterbringung nach § 63 StGB setzt die Unterbringung nach § 64 StGB nicht voraus, dass die Anlasstat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder verminderten Schuldfähigkeit begangen wurde. Werden die Unterbringungen in Einrichtungen nach §§ 63 und 64 StGB neben einer Freiheitsstrafe angeordnet, so wird die Maßregel in der Regel vor der Strafe vollzogen (§ 67 Abs. 1 StGB). Das Gericht bestimmt jedoch den Vorwegvollzug eines Teils oder der gesamten Freiheitsstrafe, wenn der Therapiezweck dadurch leichter erreicht wird. Bei Anordnung einer Maßregel neben einer Freiheitsstrafe von über drei Jahren ist der Vollwegvollzug die Regel (§ 67 Abs. 2 StGB), wenn eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zu vollstrecken ist.

Die Betreuungsarbeit der in allen niedersächsischen Justizvollzugseinrichtungen vorhandenen, gut ausgebildeten Suchtberatungsdienste mit suchtmittelabhängigen Strafgefangenen ist darauf ausgerichtet, diese in Zusammenarbeit mit den medizinischen Fachabteilungen der Justizvollzugseinrichtungen für eine Behandlung zu motivieren und nach Möglichkeit auf eine Therapie in einer ambulanten oder stationären Therapieeinrichtung außerhalb des Vollzuges vorzubereiten. Entzugsbehandlungen gemäß der Vereinbarung „Abhängigkeitserkrankungen“ zwischen den Krankenkassen und Rentenversicherungsträgern vom 04.05.2001 werden in niedersächsischen Justizvollzugseinrichtungen nicht durchgeführt. Hierzu bedarf es gemäß den geltenden Leitlinien einer stationären Einrichtung, in der Psychiaterinnen/Psychiater, Psychologinnen/Psychologen, Ergotherapeutinnen/Ergotherapeuten, Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeiter sowie Krankenpflegerinnen/Krankenpfleger mit psychiatrischer Zusatzausbildung nach einem strukturierten Behandlungskonzept zusammenwirken, welches u. a. Einzel- und Gruppenmaßnahmen, Pflegetätigkeiten und Ergotherapie umfasst. Diese Voraussetzungen sind im niedersächsischen Justizvollzug nicht gegeben. Dort werden lediglich Entgiftungsbehandlungen angeboten, die wenige Tage bis mehrere Wochen dauern und in den medizinischen Fachbereichen in der Regel ambulant durchgeführt werden. Nur auf der internistisch/allgemeinmedizinischen beziehungsweise der psychiatrischen Station im Justizvollzugskrankenhaus in Lingen und in der Justizvollzugsanstalt Sehnde erfolgt die Entgiftung im Einzelfall stationär.

1. Wie viele drogensüchtige Straftäter sind zum Entzug in den Justizvollzugsanstalten?

Die Anzahl der suchtmittelabhängigen Strafgefangenen im niedersächsischen Justizvollzug zum 31.03.2016 betrug 1763. Im ersten Quartal 2016 wurden 230 ärztlich begleitete Entgiftungen durchgeführt.

2. Was kostet ein Entzug in einer Justizvollzuganstalt im Vergleich zu einer Maßregelvollzugsanstalt?

Im Justizvollzug werden diese Kosten nicht gesondert erhoben.

Im Maßregelvollzug wird in der Regel keine Entzugsbehandlung, sondern im Rahmen der Maßregel nach § 64 StGB vielmehr eine Behandlung im Sinne einer Entwöhnungsbehandlung durchgeführt. In aller Regel sind die Patientinnen und Patienten vor Beginn der Maßregel bereits körperlich entzogen. Soweit im Einzelfall dennoch initial eine Entzugsbehandlung durchgeführt wird, wird diese nicht getrennt von der Entwöhnungsbehandlung abgerechnet. Die Kosten werden nicht gesondert erhoben.

Da sich in beiden Vollzugsformen die Kosten der Entzugsbehandlung nicht abbilden lassen, kann ein Vergleich nicht angestellt werden.

3. Wie bewertet die Landesregierung die Qualität des Entzugs in den Justizvollzugsanstalten im Vergleich zu den Maßregelvollzugsanstalten?

Der Entzug im Justiz- und Maßregelvollzug erfolgt auf unterschiedlichen rechtlichen Grundlagen und unter unterschiedlichen organisatorischen und personellen Bedingungen. Die Vollzugsziele bzw. allgemeinen Gestaltungsgrundsätze weichen voneinander ab. Eine Vergleichbarkeit der Qualität ist deshalb nicht möglich.

Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
10.06.2016

Ansprechpartner/in:
Herr Marco Hartrich

Nds. Justizministerium
Pressesprecher
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Tel: 0511 / 120 - 5162

www.mj.niedersachsen.de

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