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Antwort auf die Mündliche Anfrage: „Privatisierung im Justizvollzug - Wie entwickelt sich die JVA Bremervörde? (Teil 2)“

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 10. Juni 2016, Mündliche Anfrage Nr. 7


Die Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz beantwortet namens der Landesregierung die Mündliche Anfrage Nr. 7 der Abgeordneten Helge Limburg, Belit Onay, Heinrich Scholing (Grüne) und Marco Brunotte (SPD):

Vorbemerkung der Abgeordneten

Die teilprivatisierte JVA Bremervörde arbeitet seit Mai 2013 im sogenannten Realbetrieb, d.h. die systematische Belegung war zu dem Zeitpunkt abgeschlossen. Etwa Mitte Oktober 2014 war die JVA mit 249 Gefangenen belegt, 166 Personen in Strafhaft und der Rest in U-Haft. Zuletzt hat die Landeregierung über das ÖPP-Projekt in 2014 berichtet. Zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe für die Errichtung der Anstalt waren in Niedersachsen von ca. 7 100 Haftplätzen durchschnittlich lediglich 5 555 mit Gefangenen belegt. Auch wegen der Errichtung mussten in Niedersachsen Justizvollzugseinrichtungen geschlossen werden.

1. Wie hat sich die Beschäftigtensituation der Gefangenen seit 2013 entwickelt?

Die Beschäftigungsquote in der JVA Bremervörde hat sich positiv entwickelt. Nach dem Start 2013, bei dem bis August des Jahres weniger als 60% der Gefangenen eine Beschäftigung im Produktionsbereich, in der Aus- und Weiterbildung oder als Freigänger zugewiesen werden konnte, erreicht die JVA Bremervörde seit 2014 stets die mit ihr vereinbarte Beschäftigungsquote, deren Höhe sich aus den vertraglichen Verpflichtungen des privaten Partners ergibt. Der Zielwert für die Beschäftigung beträgt für die JVA Bremervörde 75%.

Die Beschäftigungsquote hat sich im Einzelnen wie folgt entwickelt:

62,55% in 2013,

82,87% in 2014,

81,46% in 2015,

78,75% bis April 2016.

2. Wie hoch sind die Erträge der Gefangenenarbeit, die aus der JVA Bremervörde an den Landeshaushalt abgeführt werden, im Vergleich zu einer vergleichbaren staatlichen JVA?

Die Gefangenenbeschäftigung in der JVA Bremervörde ist eine beauftragte Leistung, die der private Partner auf Grundlage des Gefangenenbeschäftigungsvertrages eigenverantwortlich umsetzt. Das unternehmerische Risiko trägt der private Partner. Für die übrigen hoheitlich geführten Justizvollzugseinrichtungen wird als Deckungsbeitrag für die entstandenen Kosten der Gefangenenbeschäftigung jährlich das erwirtschaftete Ergebnis durch den Landesbetrieb "Justizvollzugsarbeitsverwaltung" an den Landeshaushalt abgeführt. Eine Abführung der in der JVA Bremervörde erzielten Erträge an den Landeshaushalt erfolgt nach den Verträgen nicht. Der private Partner partizipiert unmittelbar von etwaigen Überschüssen, trägt aber auch etwaige Verluste. In den vergangenen Jahren hat der private Partner deutliche Verluste aus der Umsetzung des Gefangenenbeschäftigungsvertrages hinnehmen müssen. Im Vergleich zu den übrigen Justizvollzugseinrichtungen sind in der JVA Bremervörde (durch den privaten Partner) bislang deutlich geringere Umsätze erwirtschaftet worden.

Zur Vermeidung einer wegen der eingetretenen Verluste zulässigen Kündigung des privaten Partners haben sich die Vertragsparteien vor diesem Hintergrund im April 2016 rückwirkend zum 01.01.2016 auf Modifikationen der vertraglichen Vereinbarungen verständigt, um die Zusammenarbeit auf eine für den privaten Partner wirtschaftlichere Grundlage zu stellen. Bei einer Übernahme der Gefangenenbeschäftigung in die hoheitliche Verantwortung wären dem Land höhere Kosten entstanden.

In diesem Zusammenhang ist die Verpflichtung des privaten Partners entfallen, den sog. Verrechnungssatz für die Zurverfügungstellung der Gefangenen zu zahlen. Zuletzt hatte das Land pro Gefangenen und Werkarbeitstag 16,97 € (der Betrag unterliegt nach dem Vertrag einer Dynamik) vom privaten Partner erhalten. Erhöht wurde auch das vom Land an den privaten Partner zu zahlende monatliche Entgelt von zuletzt 22.409,90 € auf 35.743,23 € (ohne Umsatzsteuer). Die jährliche Mehrbelastung für den Haushalt beläuft sich damit ab 2016 auf 660.000 Euro.

3. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über Leistungen und Qualität der JVA Bremervörde im Vergleich zu den staatlichen Justizvollzugseinrichtungen in Niedersachsen?

Vergleiche der qualitativen Leistungen und der Ergebnisse der JVA Bremervörde mit anderen Justizvollzugseinrichtungen in Niedersachsen erlauben insbesondere die landesweit erhobenen Kennzahlen des Controllings. Hierfür sind besonders die bereits in den Haushaltsplänen hinterlegten Kennzahlen und die überwiegend leistungsbezogenen Kennzahlen aus den jährlichen Zielvereinbarungen für eine Gegenüberstellung der JVA Bremervörde mit den Ergebnissen der übrigen Justizvollzugseinrichtungen geeignet. In den Berichten hierzu werden die Controlling-Ergebnisse der JVA Bremervörde dem Durchschnitt der landesweit erzielten Ergebnisse gegenübergestellt.

Auch die anderen Instrumente der Aufsicht über die Justizvollzugseinrichtungen, insbesondere die Aufsichtsbesuche in den Justizvollzugseinrichtungen, geben Aufschluss über die Qualität der geleisteten Arbeit.

Im Landesvergleich bei den Kennzahlen der Haushaltspläne bewegte sich die JVA Bremervörde schon im ersten Jahr (2013), auch bei zunächst geringer Belegungsquote, auf einem hohen Niveau. Inzwischen hat die Belegung das durchschnittliche Landesergebnis erreicht. So war die Anstalt beispielsweise im Jahr 2015 mit durchschnittlich rund 84% höher als der Landesdurchschnitt aller Anstalten (rund 77 %) ausgelastet. Ebenso erzielt die JVA Bremervörde über dem Landesschnitt liegende Ergebnisse bei den Kennzahlen zu Beschäftigung der Gefangenen, bei der zeitgerechten Erstellung und Fortschreibung der Vollzugsplanungen und bei den Kennzahlen zur Entlassungsvorbereitung. Lediglich die Beschäftigungsquote bei der Entlassung liegt unterhalb des Landesdurchschnitts. Dies dürfte jedoch der strukturschwachen Region geschuldet sein.

Auch bei den Kennzahlen zu den Zielvereinbarungen erzielt die JVA Bremervörde überwiegend gute Ergebnisse. Der Bereich der Aus- und Weiterbildung der Gefangenen hat sich inzwischen stabilisiert und entspricht in vollem Umfang den Jahresergebnissen anderer Justizvollzugseinrichtungen.

Auch die Aufsichtsbesuche in der JVA Bremervörde in den Jahren 2013 und 2015 führten nicht zu nennenswerten Auffälligkeiten. Vielmehr präsentiert sich die Anstalt weiterhin als gut funktionsfähige und leistungsstarke Einrichtung. Das Ergebnis des ersten Aufsichtsbesuches im Jahr 2013 war bereits Gegenstand einer Erörterung im Unterausschuss Justizvollzug und Straffälligenhilfe.

Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
10.06.2016

Ansprechpartner/in:
Herr Marco Hartrich

Nds. Justizministerium
Pressesprecher
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Tel: 0511 / 120 - 5162

www.mj.niedersachsen.de

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