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Antwort auf die Mündliche Anfrage: „Verbot von geschlechterdiskriminierender Werbung - Sinnvolles oder sinnloses Vorhaben?“

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 10. Juni 2016, Mündliche Anfrage Nr. 5


Die Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz beantwortet namens der Landesregierung die Mündliche Anfrage Nr. 5 der Abgeordneten Dr. Marco Genthe, Christian Grascha, Jörg Bode, Dr. Gero Hocker, Hillgriet Eilers, Jan-Christoph Oetjen und Christian Dürr (FDP):

Vorbemerkung der Abgeordneten

Nach Presseberichten will Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) mit einer Gesetzesänderung geschlechterdiskriminierende Werbung verbieten. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass künftig Plakate oder Anzeigen unzulässig sein könnten, die Frauen oder Männer auf Sexualobjekte reduzieren. Das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb soll dementsprechend geändert werden. Mit der Gesetzesänderung soll ein „modernes Geschlechterbild“ in Deutschland etabliert werden.

Das Verbot von geschlechterdiskriminierenden Plakaten und Anzeigen kann auch Anzeigen in Presse und Rundfunk erfassen. Hiernach würde die Gesetzgebungskompetenz der Länder für das Presse- und Rundfunkwesen tangiert. Die Abgrenzung zwischen Bundes- und Landeskompetenz erfolgt nach dem stärkeren Sachzusammenhang der Regelung. Demnach ist es bei dem geplanten Gesetzentwurf noch fraglich, ob er primär wirtschaftliche oder primär presse- und rundfunkspezifische Zwecke verfolgt.

Vorbemerkung der Landesregierung

In einem auf der Internetseite des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz eingestellten Interview, das Bundesjustizminister Heiko Maas der Zeitung „Die Welt“ am 23. April 2016 gegeben hat, hat er sich zu dem Verbot geschlechterdiskriminierender Werbung wie folgt geäußert: „Andere Länder haben deutlich konkretere Regelungen als wir. Jetzt beginnen wir aber erst einmal mit der Diskussion. Mein Haus arbeitet an ersten Vorüberlegungen, ich habe aber noch nichts endgültig entschieden.“ (Interview abrufbar unter http://www.bmjv.de/SharedDocs/Interviews/DE/2016/Print/04232014_DieWelt.html). Demnach scheint noch nicht sicher zu sein, ob das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz einen Gesetzentwurf zu einem Verbot geschlechterdiskriminierender Werbung vorlegen wird. Der Landesregierung ist ein solcher Gesetzentwurf bisher weder von der Bundesregierung zugeleitet noch anderweitig bekannt geworden.

1. Wie bewertet die Landesregierung die inhaltliche Gestaltung des geplanten Gesetzes, und verfolgt es nach ihrer Ansicht primär wirtschaftliche oder primär presse- und rundfunkspezifische Zwecke?

Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. Ohne Kenntnis der geplanten Gesetzesänderung und ihrer Begründung ist der Landesregierung eine Stellungnahme zu dem Vorhaben nicht möglich.

2. Wie bewertet die Landesregierung die Notwendigkeit der geplanten Gesetzesänderung?

Es wird auf die Antwort zu Ziffer 1. verwiesen.

3. Wie definiert die Landesregierung ein „modernes Geschlechterbild“ für Niedersachsen?

Ein modernes Geschlechterbild hat sich an der Werteordnung des Grundgesetzes (GG) zu orientieren. Nach Artikel 3 Absatz 2 GG sind Männer und Frauen gleichberechtigt, und der Staat hat auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken. Eine im Wesentlichen gleichlautende Bestimmung enthält Artikel 3 Absatz 2 der Niedersächsischen Verfassung.

Im Hinblick auf ein Verbot geschlechterdiskriminierender Werbung heißt das: Frauen und Männer haben das Recht, ihr Leben, auch ihr Geschlechtsleben, autonom zu gestalten. Weder Frauen noch Männer dürfen zu bloßen Objekten der Bedürfnisbefriedigung anderer herabgewürdigt werden, um durch eine sexuell aufgeladene Darstellung Anreize zum Kauf von Waren zu setzen. Es verträgt sich ebenso wenig mit dem Grundgesetz, wenn mit Frauenbildern geworben wird, mit denen eine Unterwertigkeit von Frauen gegenüber Männern vermittelt wird.

Unabhängig von der Bezogenheit auf geschlechterdiskriminierende Werbung hat sich die Konferenz der Frauen- und Gleichstellungsministerinnen und-minister, -senatorinnen und -senatoren der Länder im Jahre 2011 aus Anlass der Vorlage des Gutachtens zum 1. Gleichstellungsbericht der Bundesregierung folgendes Geschlechterbild zu eigen gemacht:

„Wir streben eine Gesellschaft mit Wahlmöglichkeiten an. Die Beschäftigungsfähigkeit von Männern und Frauen wird durch eine gute Ausbildung gesichert. Sie werden befähigt, für ihren Lebensunterhalt selbst zu sorgen und auch eine eigene soziale Sicherung aufzubauen. Die beruflichen Qualifikationen und Kompetenzen von Frauen und Männern werden gleichermaßen geschätzt und entgolten. Durch eine angemessene Infrastruktur für Kinderbetreuung, schulische Erziehung und Pflege sowie flexible Arbeitszeiten in den Unternehmen wird die Vereinbarkeit von Beruf und Familie gewährleistet. Die Erwerbsverläufe werden durch Optionen auf eine Unterbrechung der Erwerbstätigkeit oder eine vorübergehende und reversible Verkürzung der Arbeitszeit flexibilisiert. Die Gesellschaft unterstützt die Wahrnehmung dieser Optionen zur Kindererziehung und -betreuung, Pflege und Weiterbildung. Es werden besondere Anreize gesetzt, damit die Optionen in den gesellschaftlich gewünschten Feldern sowohl von Frauen als auch von Männern genutzt werden. Die Nutzung dieser Option darf nicht zu Nachteilen in der Alterssicherung führen.“

Dies entspricht auch der Auffassung der Niedersächsischen Landesregierung.

Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
10.06.2016

Ansprechpartner/in:
Herr Marco Hartrich

Nds. Justizministerium
Pressesprecher
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Tel: 0511 / 120 - 5162

www.mj.niedersachsen.de

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