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Antwort auf die Mündliche Anfrage: „Vernichtete Ermittlungsakten - Weshalb konnte die Regierungssprecherin Pörksen im Fall Ritterhude dennoch detailliert Auskunft geben?“

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 19. März 2015, Mündliche Anfrage Nr. 23


Die Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz beantwortet namens der Landesregierung die Mündliche Anfrage Nr. 23 des Abgeordneten Martin Bäumer (CDU):

Der Abgeordnete hatte gefragt:

Am 9. September 2014 explodierte aus bislang noch ungeklärter Ursache eine Chemiefabrik in Ritterhude im Landkreis Osterholz. Wenige Tage später wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Verden gegen den damaligen Geschäftsführer der Chemiefabrik in den Jahren 2007 und 2008 ein Ermittlungsverfahren wegen Bestechung führte.

Die taz berichtete in ihrer Ausgabe vom 23. September 2014 über die Vorgänge wie folgt: „Staatskanzleichef Mielke soll nach firmeninternen Unterlagen von Organo-Fluid mit Champagner und Cognac bedacht worden sein. Der Sozialdemokrat sagt heute, er könne sich an diese Geschenke ‚definitiv nicht mehr erinnern‘. Sollten Präsente für ihn eingegangen sein, habe er die wiederum selbst an seine MitarbeiterInnen verteilen lassen, meint Mielke - und räumt damit immerhin einen Verstoß gegen behördeninterne Vorschriften ein, nach denen die Annahme von Geschenken im Wert von 10 Euro und mehr verboten ist.

Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD) lässt seinen Staatskanzleichef trotzdem den Rücken stärken. Weils Regierungssprecherin Anke Pörksen verweist darauf, dass sich das Ermittlungsverfahren der Oldenburger Polizei nur gegen den Firmenchef, nicht aber gegen Staatsbedienstete gerichtet habe. ‚Gegen mich ist nicht ermittelt worden, und ich weiß auch von keinem Ermittlungsverfahren gegen andere Behördenmitarbeiter‘, versicherte auf taz-Nachfrage auch Jörg Mielke selbst.

Allein: Behördenintern nachprüfen lässt sich das nicht. Bei der zuständigen Staatsanwaltschaft Verden wie bei der Polizei in Oldenburg gibt es keine einzige Akte mehr. ‚Aus Datenschutzgründen‘, sagt Oberstaatsanwalt Marcus Röske, ‚wurden alle Unterlagen vernichtet.‘“

Ich frage die Landesregierung:

  1. Auf welche Hinweise bzw. Kenntnisse stützte sich die Aussage der Regierungssprecherin Anke Pörksen, wonach sich das damalige Ermittlungsverfahren der Oldenburger Polizei nur gegen den Firmenchef, nicht aber gegen Staatsbedienstete gerichtet hätte, vor dem Hintergrund der Tatsache, dass sämtliche Ermittlungsakten zu dem Vorgang bereits vernichtet waren?
  2. Kann die Landesregierung ausschließen, dass der Chef der Staatskanzlei, Dr. Jörg Mielke, vor dem 9. September 2014 Kenntnis von dem Aktenaussonderungsverfahren hatte?
  3. Hält die Regierungssprecherin nach heutigem Kenntnisstand an ihrer damaligen Aussage fest, wonach sich das damalige Ermittlungsverfahren der Oldenburger Polizei nur gegen Firmenchef K., nicht aber gegen Staatsbedienstete gerichtet hätte?

Ministerin Niewisch-Lennartz beantwortet die Anfrage im Namen der Landesregierung wie folgt:

Bei der Staatsanwaltschaft Verden war mit Strafanzeige vom 25. Mai 2007 angezeigt worden, dass der Geschäftsführer der Organo Fluid GmbH, seinerzeit Geschäftsführer der Vorgängergesellschaft, im Jahr 2005 an verschiedene Mitarbeiter von Behörden, die in die genehmigungsrechtlichen Belange des Unternehmens involviert gewesen sein sollen, zu Weihnachten Sachzuwendungen geleistet haben soll. Auf die Strafanzeige hin war gegen den Geschäftsführer ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Vorteilsgewährung eingeleitet worden, das am 28. April 2008 gemäß § 153 a Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO) gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt wurde. Die entsprechenden Verfahrensakten sind in der Folgezeit zunächst vorschriftsgemäß aufbewahrt und später ausgesondert und vernichtet worden.

Der Aussonderung lag die vom Niedersächsischen Justizministerium am 8. März 2007 erlassene, vom 1. April 2007 bis 31. Dezember 2014 gültige AV über die Aussonderung, Ablieferung und Vernichtung des Schriftguts bei den Justizbehörden zugrunde. Die Fristen für die Aufbewahrung wiederum richten sich nach den „Bestimmungen über die Aufbewahrungsfristen für das Schriftgut der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der Staatsanwaltschaften und der Justizvollzugsbehörden - Aufbewahrungsbestimmungen -“ (AV d. MJ v. 3. August 2004).

Dies vorangeschickt, beantworte ich die Fragen im Namen der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Die Aussage der Regierungssprecherin, dass keine Ermittlungen gegen den früheren Landrat des Kreises Osterholz geführt worden seien, beruhte auf Gesprächen mit Dr. Mielke selbst und auf einem Telefonat der Regierungssprecherin mit einem Mitarbeiter des Landkreises.

Zu 2.:

Ja.

Zu 3.:

Die Regierungssprecherin hält an ihrer damaligen Aussage fest. Der Landesregierung liegen keinerlei Erkenntnisse dazu vor, dass es damals auch Ermittlungsverfahren gegen Behördenmitarbeiter gegeben hat.

Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
20.03.2015

Ansprechpartner/in:
Frau Marika Tödt

Nds. Justizministerium
Pressesprecherin
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Tel: 0511 / 120-5043
Fax: 0511 / 120-5181

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