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Landtags-Rede der Niedersächsischen Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz, TOP 32

„Gerechtigkeit für die Opfer der Homosexuellen-Verfolgung in Deutschland! Rehabilitierung durchsetzen!“


Die Landesregierung begrüßt ausdrücklich den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Auch unserer Auffassung nach ist die Rehabilitierung homosexueller Männer, die in der Bundesrepublik Deutschland und in der damaligen Deutschen Demokratischen Republik strafrechtlich verfolgt wurden, längst überfällig.

Die Strafbarkeit sexueller Handlungen zwischen Personen männlichen Geschlechts hatte ihren Ursprung in § 175 Reichsstrafgesetzbuch (RStGB), das am 1. Januar 1872 in Kraft trat, und führte seine Existenz im deutschen Strafgesetzbuch in § 175 StGB fort. In der dazwischen liegenden Zeit des Nationalsozialismus wurde die Strafbarkeitsregelung 1935 verschärft: Durch die Einführung des § 175a RStGB wurde der Strafrahmen für homosexuelle Handlungen auf zehn Jahre Zuchthaus erhöht. Diese Fassung des Gesetzes wurde in der Bundesrepublik Deutschland bis zur Strafrechtsreform 1969 aufrechterhalten. Durch die Strafrechtsreformen der Jahre 1969 und 1973 schränkte der Gesetzgeber zwar die Strafbarkeit homosexueller Handlungen ein, abgeschafft wurde die Strafbarkeit aber erst mit Inkrafttreten des 29. Strafrechtsänderungsgesetzes mit Wirkung vom 11. Juni 1994. Eine ähnliche Entwicklung nahm die Strafbarkeit homosexueller Handlungen in der Deutschen Demokratischen Republik.

Für die betroffenen homosexuellen Männer stellen die Verurteilungen nicht die einzige besondere Härte dar. Die damit verbundenen ungerechtfertigten Eingriffe in die von Art. 1 Abs. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich geschützte Menschenwürde führten zugleich zu einer gesellschaftlichen Ausgrenzung der Betroffenen. Viele mussten ihre Berufe aufgeben und wurden durch diese Diskriminierungen innerhalb des sozialen Lebens völlig ausgegrenzt. Die Folgen hieraus wirken bis in die Gegenwart.

Während die Opfer der Strafverfolgung nach §§ 175 und 175a RStGB durch das NS-Regime zwischenzeitlich rehabilitiert und entschädigt worden sind, steht dieser Schritt für die unter der Geltung des Grundgesetzes und in der Deutschen Demokratischen Republik erfolgten Verurteilungen noch aus. Vor allem angesichts der Fortgeltung der Strafvorschriften aus der NS-Zeit erweist sich diese ungleiche Behandlung der Betroffenen als nicht haltbar. Der Beschluss des Deutschen Bundestages vom 7. Dezember 2000, mit dem er sein Bedauern über das durch die Homosexuellenverfolgung in beiden Teilen Deutschlands erfolgte Unrecht zum Ausdruck brachte, genügt insoweit nicht. Ein solcher Beschluss trägt den Bedürfnissen der Betroffenen nach Rehabilitation und Entschädigung nicht in angemessener Weise Rechnung. Den Worten müssen auch Taten folgen. Dies kann nur durch eine gesetzliche Regelung geschehen. Diese will ich gern befördern!

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
22.01.2015

Ansprechpartner/in:
Herr Alexander Wiemerslage

Nds. Justizministerium
Pressesprecher
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Tel: 0511 / 120 - 5044
Fax: 0511 / 120 - 5181

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