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Rede der Niedersächsischen Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz im Niedersächsischen Landtag zu TOP 27

„Kein Fahrverbot als eigenständige Sanktion bei allgemeiner Kriminalität“ (Antrag der Fraktion der FDP Drs. 17/7271)


Es gilt das gesprochene Wort!

„Der Entschließungsantrag der Fraktion der FDP gibt mir Gelegenheit, mich nochmals zu dem Thema des Fahrverbotes als eigenständiger Sanktion zu äußern. Ich stehe Strafsanktionen neben Haft- und Geldstrafe vor allen Dingen bei Bagatellstrafsachen grundsätzlich positiv gegenüber!

Die Einführung des Fahrverbotes als eigenständige Sanktion im Erwachsenen- und Jugendstrafrecht bei allen Straftaten begegnet allerdings Bedenken. Ein Fahrverbot bei allen nicht verkehrsbezogenen Straftaten mit einer Höchstdauer heraufgesetzt auf sechs Monate birgt viele Risiken. Es erscheint fraglich, ob die Vorteile diese Risiken aufwiegen können. Die größte Gefahr besteht in einer ungleichen Wirkung der verhängten Strafe!

Den einen Täter wird ein Fahrverbot sehr hart treffen, bei anderen praktisch wirkungslos bleiben. Finanziell gut gestellte Menschen können sich Fahrdienste oder Taxifahrten leisten. Wer sich dagegen bislang keinen Führerschein leisten konnte, der hat umgekehrt keine Möglichkeit durch ein Fahrverbot eine Geld- oder Freiheitsstrafe auf Bewährung abzuwenden! Eine Ungleichheit, die kein Richter und keine Richterin abwenden kann.

Wer in der Stadt wohnt, nehmen wir die Landeshauptstadt, hat er beste Voraussetzungen, den öffentlichen Nahverkehr zu nutzen. Er kann ein Fahrverbot leicht verschmerzen. Lebt er aber im ländlichen Bereich wird er von seinem Arbeitsplatz und sozialen Kontakten abgeschnitten! Und nicht nur das, Dritte vor allen Dingen Kinder werden von der Sanktion erheblich mitbetroffen. Wie kommen sie zum Fußballtraining, zur Musikschule oder zum Geburtstag der besten Freundin?

Unbestritten bietet die Erweiterung von Sanktionsmöglichkeiten neben der Geld- oder gar Freiheitsstrafe auch Chancen. Ich habe mich immer für mehr Flexibilität bei der Ahndung von Straftaten eingesetzt. Es muss dabei geprüft werden, wie wir Täter erreichen und insbesondere kurze Freiheitsstrafen mit ihren vielen unerwünschten Nebenwirkungen vermeiden können.

Ein Fahrverbot eröffnet ein weiteres Risiko. Erstmals gäbe es ohne inhaltlichen Bezug zur Tat als originäre Strafe den Entzug einer hoheitlichen Erlaubnis. Wenn wir diese Tür einmal öffnen, kann sie möglicherweise nur schwer wieder geschlossen werden. Folgen dann der Entzug des Jagdscheins oder des Waffenscheins als Strafe? Entzug der Gewerbeerlaubnis auf Zeit?

Aus diesen Gründen überwiegen bei mir die Bedenken, eine Sanktion vom Zusammenhang mit der Anlassstraftat zu entkoppeln. Wir sehen uns trotzdem alle Möglichkeiten alternativer Sanktionen zur Vermeidung gerade kurzfristiger Haftstrafen sehr genau und im Einzelnen an. Diese Diskussion sollten wir zu Ende führen. Ein Abbruch der Debatte, wie ihn der Entschließungsantrag der FDP zum Ziel hat, ist der falsche, weil verkürzte Weg.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!“

Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
03.02.2017

Ansprechpartner/in:
Frau Katja Josephi

Nds. Justizministerium
Pressesprecherin
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Tel: 0511 / 120-5044

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