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Havliza setzt sich mit ihren Vorschlägen bei Justizministerkonferenz in Eisenach durch


Justizminister stimmen für Altersbestimmung per DNA-Analyse

Bund soll sich an Kosten für „Terrorverfahren“ beteiligen

Gesetzliche Regelung zum Verbot der Gesichtsverhüllung vor Gericht

Die Niedersächsische Justizministerin Barbara Havliza erhielt bei der heute in Eisenach (Thüringen) zu Ende gegangenen Justizministerkonferenz (JuMiKo) für ihre rechtspolitischen Vorstöße eine breite Unterstützung ihrer Amtskolleginnen und -kollegen aus den anderen Bundesländern. „Ich freue mich sehr, dass die Vorschläge aus Niedersachsen so große Zustimmung erfahren haben. Auch wenn wir in der Sache viel diskutiert haben, waren unsere Argumente am Ende überzeugend“, so Havliza.


Zu den Themen:

DNA-Altersfeststellung bei Beschuldigten im Strafverfahren

Die Justizministerinnen und Justizminister der Länder haben sich mehrheitlich dem Vorschlag Niedersachsens angeschlossen, das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) um eine Prüfung zu bitten, ob die in § 81e Strafprozessordnung (StPO) enthaltene Regelung zur molekulargenetischen Untersuchung um die Feststellung des Alters des Beschuldigten erweitert werden kann.

Zum Verständnis: Werden an einem Tatort Spuren einer unbekannten Person gefunden, so erlaubt § 81e StPO eine molekulargenetische Auswertung dieser Spuren, zum Bespiel im Hinblick auf die Abstammung und das Geschlecht einer Person und insbesondere im Hinblick auf das sog. DNA-Identifizierungsmuster (Stichwort „Massengentest“). Die Große Koalition auf Bundesebene hat sich in ihrem Koalitionsvertrag (Zeile 5703) vorgenommen, die DNA-Analyse im Strafverfahren bei unbekannten Spurenlegern auch auf äußerliche Merkmale (Haar, Augen, Hautfarbe) sowie auf das Alter auszuweiten. Niedersachsen hält es deshalb für sachgerecht, eine solche Altersfeststellung auch auf Beschuldigte, also auf bekannte Personen, zu erstrecken.

Justizministerin Havliza: „Wenn die Große Koalition in Berlin die Altersfeststellung per DNA-Analyse ohnehin in die Strafprozessordnung aufnehmen will, so ist es nur vernünftig, diese Möglichkeit auch auf Beschuldigte auszuweiten und damit eine einheitliche Regelung zu schaffen. Der Bedarf in der Praxis bei Strafrichtern und Staatsanwälten ist groß. Denn immer wieder gibt es Beschuldigte, die keine Geburtsurkunde vorlegen können oder wollen. Es ist jedoch im Strafrecht sehr wichtig zu wissen, ob jemand 13, 18 oder 21 Jahre alt ist. Das Alter bestimmt, ob jemand schuldunfähig ist oder ob wir ihn nach Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht bestrafen.“

Die Ministerin weist zugleich darauf hin, dass die DNA gestützte Altersdiagnostik hinsichtlich ihrer Validität nicht unumstritten ist. Jedoch sei selbst die Deutsche Gesellschaft für Rechtsmedizin der Auffassung, dass der Ansatz der DNA-Altersschätzung vielversprechend ist.

Der Auffassung Havlizas hat sich die Mehrheit der Amtskolleginnen und -kollegen in Eisenach angeschlossen. Hessen und Saarland hatten ebenfalls die Berichterstattung übernommen.

Beteiligung des Bundes an Kosten für „Terrorprozesse“

Überwältigende Zustimmung erhielt der Vorschlag aus Niedersachsen, den Bund an den Kosten für Staatsschutzverfahren zu beteiligen.

Zum Hintergrund: Ein Verbrechen wie die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung fällt in die erstinstanzliche Zuständigkeit der Strafsenate bei den Oberlandesgerichten („Staatsschutzsenat“). Soweit es sich dabei um Anklagen des Generalbundesanwaltes aus Karlsruhe handelt, erfolgt die Arbeit der Staatsschutzsenate im Wege der sog. Organleihe für den Bund.

Die Regelungen über einen Kostenausgleich sehen für die Länder jedoch lediglich die Erstattung der reinen Verfahrenskosten sowie die Erstattung der Auslagen von Verfahrensbeteiligten vor - aber nicht die Erstattung der Personal- und Sachkosten! Diese Kosten belasten also die Justizhaushalte der Länder. Allein bei dem in Niedersachsen für Staatsschutzverfahren zuständigen Oberlandesgericht Celle sind gegenwärtig sechs Richter mit einem einzigen Großverfahren befasst. Ein weiterer Senat mit sechs Richtern hat Anfang 2018 seine Arbeit aufgenommen. Hinzu kommen Kosten für die Servicekräfte und Wachtmeister sowie weitere erhebliche Sachkosten (zum Beispiel Baukosten).

„Ich halte es für geboten, dass sich der Bund auch an den Personal- und Sachkosten beteiligt“, sagt Ministerin Havliza, die vor ihrem Amtsantritt selbst Vorsitzende eines Staatsschutzsenats gewesen ist. „Wir rechnen mit vielen weiteren Staatsschutzverfahren, bei denen der Generalbundesanwalt die Anklage erhebt. Diese Verfahren sind aufwändig und teuer und wir übernehmen sie in Erledigung einer Bundesaufgabe. Daher sollte der Bund bei den Personal- und Sachkosten auch seinen Beitrag leisten.“

Das BMJV wurde deshalb durch die Justizministerinnen und Justizminister gebeten, einen Gesetzentwurf auszuarbeiten, der die Grundlage für eine entsprechende Kostenbeteiligung bildet.


Verbot einer Gesichtsverhüllung im Gerichtssaal

Breite Zustimmung fand zudem der Vorschlag, das Verbot einer Gesichtsverhüllung während einer Gerichtsverhandlung gesetzlich zu regeln. Die Justizministerinnen und Justizminister begrüßten das Vorhaben von Niedersachsen, Bayern und Nordrhein-Westfalen, einen entsprechenden Gesetzentwurf zu erarbeiten. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die am Verfahren beteiligten Personen (Parteien, Zeugen, Sachverständige, Rechtsanwältinnen etc.) ihr Gesicht weder ganz noch teilweise verdecken dürfen.

Ministerin Havliza: „Offene Kommunikation im Gerichtssaal gehört zu den tragenden Elementen einer effektiven Verhandlungsführung. So ist es etwa für die Befragung eines Zeugen wichtig, dass ein Richter ihm ins Gesicht blicken kann. Als Richterin habe ich viele Fälle erlebt, in denen die Mimik des Befragten nicht zu seinen Aussagen passte, was Rückschlüsse auf den Wahrheitsgehalt zuließ. Insofern freue ich mich, dass sich die Mehrheit meiner Amtskollegen unseren Vorschlägen angeschlossen hat.“



Zur Justizministerkonferenz:

Die Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister dient der Koordination und Abstimmung der justiz- und rechtspolitischen Vorhaben der Länder und ist zugleich zentrales Instrument für die Vertretung der gemeinsamen rechtspolitischen Interessen der Länder gegenüber dem Bund. Die in der JuMiKO gefassten Beschlüsse haben zwar keinen Rechtssetzungscharakter, von Ihnen können aber maßgebliche Impulse für die rechtspolitische Entwicklung in Deutschland und Europa ausgehen. Die Konferenz ist eine ständige Einrichtung mit jährlich wechselndem Vorsitz. Die nächste JuMiKo findet am 15. November 2018 in Berlin statt.


Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
07.06.2018

Ansprechpartner/in:
Herr Christian Lauenstein

Nds. Justizministerium
Pressesprecher
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Tel: 0511 / 120-5044

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