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Antwort auf die Mündliche Anfrage: „Wird die Altersgrenze für Schöffen abgeschafft?“

13. Sitzung des Niedersächsischen Landtages, Mündliche Anfrage Nr. 31


Die Justizministerin Barbara Havliza beantwortet namens der Landesregierung die Mündliche Anfrage Nr. 31 der Abgeordneten Dr. Marco Genthe und Dr. Stefan Birkner (FDP):

Vorbemerkung der Abgeordneten

Am 19. Februar 2018 berichtete der Norddeutsche Rundfunk (NDR), dass die Gerichte in Niedersachsen und Bremen für die kommende Amtszeit ab 2019 insgesamt 4.000 Schöffen suchen.

Als Lösungsansatz hat der Bundesverband ehrenamtlicher Richterinnen und Richter (DVS) schon 2015 in seinem Grundsatzpapier die Abschaffung der Altersgrenze nach § 33 Nr. 2 GVG vorgeschlagen, sodass auch Personen über 70 Jahre Schöffen bleiben können, sofern sie nicht gewissen Ausschlussgründen unterfallen.

1. Wie viele Schöffen sind in dem Alter 25 bis 39, 40 bis 49, 50 bis 59 und 60 bis 69 Jahre tätig (bitte in absoluten Zahlen und prozentual)?

Das Alter der in der laufenden Schöffenperiode in Niedersachsen tätigen Schöffinnen und Schöffen wird nicht in einer zentralen Datenbank gespeichert. Die geforderten Daten müssten alle 11 Landgerichte und alle 80 Amtsgerichte für die jeweils dort tätigen Schöffinnen und Schöffen händisch nach den Geburtsdaten der mehreren tausend Schöffinnen und Schöffen auswerten. Der damit verbundene Aufwand kann zur Beantwortung einer Mündlichen Anfrage nicht geleistet werden.

2. Wie bewertet die Landesregierung die Abschaffung der Altersgrenze hinsichtlich der Attraktivität des Ehrenamtes für Rentner, auch hinsichtlich der oft auftretenden Streitfälle zwischen Schöffen und Arbeitgebern?

Die Landesregierung hält die durch § 33 Nr. 2 GVG festgelegte Altersobergrenze bei der Ausübung des Schöffenamts für richtig und angemessen. Durch die bestehende Regelung, nach der Personen bis zum Alter von 70 Jahren (zu Beginn der Schöffenperiode) in das Schöffenamt gewählt werden können, wird die Repräsentanz älterer Menschen im Schöffenamt ausgewogen und sachgerecht sichergestellt. Mit Erreichen der Altersobergrenze scheidet die Schöffin oder der Schöffe auch nicht aus dem Amt aus, sondern setzt die Tätigkeit bis zum Ende der jeweiligen Schöffenperiode fort.

Gegen eine Aufhebung der Altersobergrenze sprechen das Gebot der effektiven Strafrechtspflege und die besonderen Belastungen, die sich aus einer möglichen ganztägigen und in Großverfahren auch über mehrere Monate oder gar Jahre andauernden Hauptverhandlung ergeben können. Sofern eine Schöffin oder ein Schöffe dabei im laufenden Verfahren an der weiteren Teilnahme gehindert ist, muss die Hauptverhandlung vollständig wiederholt werden, sofern an dem Verfahren nicht von Anfang an Ergänzungsschöffinnen oder Ergänzungsschöffen teilgenommen haben. Ein Aussetzen der Hauptverhandlung kann dann über die Verlängerung hinaus auch dazu führen, dass Haftbefehle aufgehoben und Angeklagte daher aus der Haft entlassen werden müssen. Ferner kann die Wiederholung einer Hauptverhandlung für potentielle Opfer von Straftaten, etwa auf Grund der neuerlichen Vernehmung im Verfahren, erhebliche Belastungen bedeuten. Für die Justizhaushalte sind mit der Wiederholung von Hauptverhandlungen schließlich hohe Kosten verbunden. Mit fortschreitendem Alter steiget die Gefahr von unvorhersehbaren und gegebenenfalls länger andauernden Ausfällen wegen Krankheit oder anderen Belastungserscheinungen. Durch die besonderen Anforderungen und die Folgen des Ausfalls einer ehrenamtlichen Richterin oder eines ehrenamtlichen Richters im Strafprozess unterscheidet sich die Schöffentätigkeit erheblich von der Tätigkeit ehrenamtlicher Richterinnen und Richtern in anderen Rechtsgebieten, die eine Altersgrenze nicht kennen.

Eine Aufhebung der Altersgrenze würde zudem dazu führen, dass auch Personen im höheren Lebensalter eine Pflicht zur Schöffentätigkeit treffen kann. Die Feststellung der Ungeeignetheit zum Schöffenamt aus gesundheitlichen Gründen müsste oftmals in Einzelfallprüfungen erfolgen und kann sich für den Einzelnen als sehr belastend darstellen.

Vor diesem Hintergrund hat das individuelle Interesse einzelner über 70jähriger an der Ausübung des Schöffenamts daher letztendlich zurückzustehen.

3. Sieht die Landesregierung nach den bisherigen Erfahrungen Handlungsbedarf?

Nein.

Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
20.04.2018

Ansprechpartner/in:
Herr Christian Lauenstein

Nds. Justizministerium
Pressesprecher
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Tel: 0511 / 120-5044

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