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Antwort auf die Mündliche Anfrage: „Wird das Land spezialisierte Psychologen für Gerichtsgutachten einstellen?“

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 19. August 2016, Mündliche Anfrage Nr. 18


Die Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz beantwortet namens der Landesregierung die Mündliche Anfrage Nr. 18 des Abgeordneten Lutz Winkelmann (CDU):

Vorbemerkung des Abgeordneten

Die Neue Presse berichtet am 14. Juli 2016 unter der Überschrift „Gerichte warten auf Gutachten“ über die lange Dauer der Erstellung von psychologischen Gutachten für Gerichtsverfahren. So kritisiere Frank Bornemann, der Vorsitzende des Niedersächsischen Richterbundes, dass die Gerichte zu lange auf psychologische Gutachten über Angeklagte oder Häftlinge warten müssten.

Die Neue Presse zitiert ihn mit der Aussage „Drei Monate ist schon schnell“ zur Wartezeit für Gut-achten. Viele Sachverständige hätten einen vollen Terminkalender. Pro Gutachten lägen die Kosten häufig bei 2 000 bis 3 000 Euro. Der Niedersächsische Richterbund schlägt daher vor, dass das Land selbst Gutachter einstellen solle, weil dies auch finanziell auf Dauer günstiger sei. Herr Bornemann schlägt vor, man solle zunächst mit fünf eigenen Gutachtern im Landesdienst beginnen und diese bei Bedarf aufstocken. Ferner regt er an, die neue Dienststelle nicht in der Justiz anzusiedeln, sondern z. B. beim Landesgesundheitsamt.

1. Wie lange dauert die Erstellung von psychologischen Gutachten über Angeklagte und Häftlinge in Gerichtsverfahren?

Konkrete Daten über die Dauer der Erstellung von schriftlichen psychologischen Gutachten in Gerichtsverfahren liegen nicht vor. Die Gutachtendauer hängt maßgeblich von der Belastung der jeweiligen Gutachter/innen und von dem Umfang des Auftrags ab. So sind Gutachten im Strafverfahren beispielsweise zur Beurteilung der Schuldfähigkeit (§§ 20,21 StGB) notwendig. Häufig sind sie auch erforderlich, wenn zu prüfen ist, ob die Voraussetzungen der §§ 63, 64 und 66 StGB erfüllt sind (§ 246 a StPO). Zudem werden psychologische Gutachten aus unterschiedlichen Gründen während der Vollstreckung von Strafen und Maßregeln eingeholt (vgl. §§ 454 Abs. 2, 463 Abs.3 S.3, S.4, Abs. 4 StPO). Der Aufwand ist einzelfallabhängig.

2. Fehlt es an Sachverständigen für psychologische Gutachten?

Der Gesetzgeber verlangt zunehmend die Einholung von psychiatrischen und psychologischen Gutachten. Diese Entwicklung erfasst - beginnend mit dem Gesetz zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in der Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 - insbesondere den Bereich der Maßregelvollstreckung. Die Praxis hat deshalb bereits jetzt Schwierigkeiten, geeignete psychiatrische und psychologische Gutachter/innen zu finden. Es besteht die Gefahr, dass sich diese Situation durch das Gesetz zur Novellierung des Rechts der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 des Strafgesetzbuches und zur Änderung anderer Vorschriften, das am 01.08.2016 in Kraft getreten ist, nochmals verschärfen wird. Das Gesetz erhöht - mit einer zweijährigen Übergangsfrist (§ 13 EGStPO) - die Frequenz für externe Gutachten, die gemäß § 463 Absatz 4 StPO bei Entscheidungen über die Fortdauer der Unterbringungen im psychiatrischen Krankenhaus einzuholen sind.

Die Justizministerinnen und Justizminister haben sich dieses Problems auf der Frühjahrskonferenz am 01. und 02. Juni 2016 angenommen und sich mit dem damals noch nicht verkündeten Gesetz befasst. Sie haben daraufhin einen einstimmigen Beschluss gefasst, in dem es u.a. heißt: „Die Justizpraxis bezeichnet es bereits derzeit als mitunter schwierig, Sachverständige zu finden, die innerhalb angemessener Zeit Gutachten vorlegen können, die den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine taugliche Grundlage für die Überprüfungsentscheidungen gemäß § 67 e StGB genügen. Diese Problematik wird sich durch die gesetzlichen Neuregelungen verstärken.“

Weiter haben die Justizministerinnen und Justizminister in dem genannten Beschluss die Konferenz der Gesundheitsministerinnen und Gesundheitsminister gebeten, sich mit der Problematik zu befassen und die Einrichtung einer gemeinsamen Arbeitsgruppe der Gesundheits- und Justizministerseite zu prüfen, die mit der Erarbeitung von Vorschlägen beauftragt werden soll, wie die Zahl qualifizierter ärztlicher und psychologischer Sachverständiger erhöht und Nachwuchs gewonnen werden kann.

3. Wird die Landesregierung den Vorschlag des Niedersächsischen Richterbundes aufgreifen und umsetzen?

Die Landesregierung hat den Vorschlag des Niedersächsischen Richterbundes wie stets zur Kenntnis genommen und wird diesen in die bevorstehenden Überlegungen mit einbeziehen.

Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
19.08.2016

Ansprechpartner/in:
Frau Marika Tödt

Nds. Justizministerium
Pressesprecherin
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Tel: 0511 / 120-5043
Fax: 0511 / 120-5181

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