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Antwort auf die Mündliche Anfrage: „Aktivistinnen und Aktivisten der Identitären Bewegung wollen Vormundschaften für Geflüchtete übernehmen“

7. Sitzung des Niedersächsischen Landtages, Mündliche Anfrage Nr. 40


Die Justizministerin Barbara Havliza beantwortet namens der Landesregierung die Mündliche Anfrage Nr. 40 der Abgeordneten Julia Willie Hamburg, Helge Limburg, Dragos Pancescu und Anja Piel (GRÜNE):


Vorbemerkung der Abgeordneten

Die Identitäre Bewegung Deutschland (IB) ruft auf ihrer Internetseite die Aktivistinnen und Aktivisten der IB dazu auf, die Vormundschaft für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge zu übernehmen.

Auf der Internetseite führt sie aus, dass es ihr darum geht, den Missbrauch von Leistungen durch die bestellten Vormünder ebenso einzudämmen wie durch die bevormundeten Geflüchteten.

Sie werde deshalb „streng darauf achten, dass dieses Amt zukünftig nicht mehr missbraucht wird, und entsprechende Verdachtsfälle an die Behörden melden“.

„Dabei werden wir mit ihnen“ (den Geflüchteten) „über vorhandene falsche Erwartungen an ihr Gastland ebenso sprechen, genauso wie über eine Zusammenführung mit ihrer Familie in ihrer Heimat“ (siehe Homepage der Organisation).

Die IB kündigt auf ihrer Internetseite an, eigene Schulungen für interessierte potenzielle Vormünder anzubieten.


Vorbemerkung der Landesregierung

Die Identitäre Bewegung Deutschland greift die Ressentiments in der Bevölkerung und im politischen Raum zur Flüchtlingsmigration und zu unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen auf und versucht diese für sich zu nutzen. Der aktuelle Aufruf passt somit zum bekannten strategischen Kalkül der Identitären Bewegung Deutschland, mit geringen Mitteln die größtmögliche mediale Aufmerksamkeit zu erzielen. Dies geschieht entweder durch medienwirksam aufbereitete Aktionsformen wie die Besetzung des Brandenburger Tors im August 2016 oder durch die Veröffentlichung provokativer Texte. Der Aufruf soll – strategiekonform – ein entsprechendes Medienecho hervorrufen und die Aufmerksamkeit auf das Thema lenken bzw. die Diskussion darum verschärfen. Durch die angebliche Hilfsbereitschaft und Unterstützung dient ein solcher Aufruf darüber hinaus der Verschleierung der eigenen Ideologie. Die Feststellung, dass es sich bei der Identitären Bewegung Deutschland um eine rechtsextremistische Gruppierung handelt, soll auf diese Weise entkräftet werden.


1. Beteiligt sich die Identitäre Bewegung Niedersachsen bzw. beteiligen sich ihre Mitglieder an dem Vorhaben der Identitären Bewegung Deutschland, etwa durch Anträge zur Übernahme von Vormundschaften, Schulungsseminare oder andere Aktionen?

Erkenntnisse darüber, dass sich Mitglieder der Identitären Bewegung Deutschland und der Identitären Bewegung Hamburg für das Amt des Vormunds für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge bereithalten und entsprechende Schulungen für ihre Mitglieder durchführen, liegen der Landesregierung nicht vor.


2. Hat die Landesregierung Erkenntnisse darüber, dass Rechtsextreme oder Mitglieder der Neuen Rechten Vormundschaften für unbegleitete minderjährige Geflüchtete übernommen haben oder eine Vormundschaft beantragt haben?

Es ist in Niedersachsen bislang noch kein Fall bekannt, bei dem ein Mitglied der Identitären Bewegung beantragt hat, als Vormund für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge bestellt zu werden. Es ist auch kein Fall bekannt, in dem ein Mitglied der Identitären Bewegung vom Jugendamt als Vormund vorgeschlagen wurde.


3. Wie gedenkt die Landesregierung sicherzustellen, dass Rechtsextreme oder Mitglieder der Neuen Rechten nicht aus politischem Kalkül zulasten der Geflüchteten als Vormünder bestellt werden?

Für die unbegleiteten Minderjährigen Flüchtlinge werden in der ganz überwiegenden Zahl Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jugendamtes als Vormund bestellt. Nur wenn ein Verwandter oder Bekannter des Minderjährigen zur Verfügung steht und als geeignet angesehen wird, die Belange des Minderjährigen zu regeln, kommt es zu einer Bestellung dieser Personen. In ganz besonderen Ausnahmefällen kommt es zur Bestellung sonstiger Personen als Vormund. Nach § 53 Abs. 1 SGB VIII hat das Jugendamt dem Familiengericht insgesamt nur solche Personen vorzuschlagen, die sich zur Übernahme einer Vormundschaft eignen. Dabei hat das Jugendamt die Eignung von Personen, die es zur Bestellung als Vormund vorschlägt, gewissenhaft zu prüfen. Die Jugendämter und Gerichte achten in jedem Fall genau darauf, dass eine Eignung für die Übernahme einer Vormundschaft vorliegt und dem Kindeswohl entspricht. Eine Übernahme allein aus politischem Kalkül schließt eine solche Eignung aus. Infolge der Medienberichterstattung ist davon auszugehen, dass bei allen an dem Verfahren Beteiligten eine erhöhte Sensibilität hinsichtlich der geschilderten Problematik vorliegt.

Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
25.01.2018

Ansprechpartner/in:
Frau Marika Tödt

Nds. Justizministerium
Pressesprecherin
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Tel: 0511 / 120-5043
Fax: 0511 / 120-5181

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